Erkennungsdienstliche Behandlung rechtswidrig

Erkennungsdienstliche Behandlung, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Oliver Marson

Gericht: Rechtswidrigkeit erkennungsdienstlicher Behandlung

Die Polizei in Sachsen-Anhalt ordnete die erkennungsdienstliche Behandlung eines Mandanten an. Dagegen konnte er sich am Verwaltungsgericht Halle erfolgreich zur Wehr setzen.

Strafverfahren als Grund für erkekennunsdienstliche Behandlung

Im Jahre 2011 lud mein Mandant aus dem Internet kostenpflichtig Bilddateien von nack­ten und halbnackten männlichen Kindern und Jugendlichen herunter und bezahlte die­se mit seiner Kreditkarte. Im Rahmen einer Hausdurchsuchung   wurden bei ihm Bild- und Videodateien mit kinder- und jugendpornografischen Inhalten aufgefunden und gelöschte Dateien nachgewiesen. Auch auf dem Handy des Klägers wurden weitere Bilder mit vergleichbaren Inhalten festgestellt.

Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornografie

Gegen den nicht vorbestraften Mandanten führte die Staatsanwaltschaft Halle ein Ermitt­lungsverfahren wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften durch.

Strafbefehl wegen Besitzes kinderpornografischer Schriften

Mit Strafbefehl eines Amtsgerichts im Land Sachsen-Anhalt vom 2. Juni 2015 wurde der Mandant wegen des Besitzes kinderpornografischer und jugendporno­grafischer Schriften zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Die Freiheitsstra­fe wurde zur Bewährung mit einer Bewährungszeit auf zwei Jahre festgesetzt.

Die Anordnung der Polizei zur erkennungsdienstlichen Behandlung

Mit Bescheid vom 21. April 2015 ordnete eine Polizeidirektion in Sachsen-Anhalt gem. § 81 b 2. Alt. StPO die erkennungsdienstliche Behandlung des Mandanten durch die Anfertigung von Lichtbil­dern, die Abnahme von Fingerabdrücken, Messung von Gewicht, Körpergröße und Schuhgröße und die Anfertigung einer Personenbeschreibung an.

Begründung der Polizei zu erkennungsdienstlicher Behandlung

Zur Begründung führte die Polizei aus, auch bei der erstmaligen Begehung eine Deliktes nach §184 b Abs. 1 StGB (Kinderpornografie) bestehe die hinreichende Gefahr der Begehung vergleichbarer weiterer Strafta­ten. Denn allgemein sei von einer besonderen Veranlagung der Täter auszugehen. Die Wiederholungsgefahr sei deliktsimmanent. Insbesondere im Straftatbereich der Kin­derpornografie liege persönlichkeitsbedingt eine signifikant hohe Rückfallgefahr vor. Aufgrund der "Vielzahl der sichergestellten Dateien" sei bei dem Mandanten eine dahinge­hende sexuelle Präferenz  (Pädophilie) erkennbar. Der Anordnung stehe auch nicht entgegen, dass der Mandant nur im Internet aktiv gewesen sei.

Klage gegen erkennungsdienstliche Maßnahmen

Dagegen reichte ich am Verwaltungsgericht Halle (Sachsen-Anhalt) Klage ein. Im Kern wurde sie mit der fehlenden Notwendigkeit zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung begründet.

Denn es bestehe keinerlei Anlass zu der Annahme, dass mein Mandant in andere noch aufzuklärende strafbare Handlungen einbezogen sei. Außerdem liege keine besondere Veranlagung oder Neigung des Klägers vor. Wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse hierzu wür­den fehlen. Daher sei die diesbezügliche Behauptung der Polizeibehörde unhaltbar.

Bei der dem Mandanten vorgeworfenen Straftat handele es sich um eine ausnahmslos über und mithilfe des Internets begangene Tatbegehung, bei der der Täter keine körperlichen Spuren hinterlasse. Die erkennungsdienstlich erlangten Unterlagen könnten daher un­ter keinem denkbaren Gesichtspunkt die Ermittlungen fördern.

Urteil des Verwaltungsgericht Halle

Das Verwaltungsgericht Halle erklärte die Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung mit Urteil vom 30. Mai 2017 (AZ: 1 A 131/15 HAL) für rechtswidrig. Es schloss sich weitestgehend der Rechtsauffassung des Mandanten an. Die Entscheidung ist hier nachzulesen.

 

 

 


Sprungrevision kippt Kindesmissbrauchs-Urteil

Sprungrevision, sexueller Missbrauch,, Rechtsanwalt, OLG Brandenburg
Rechtsanwalt Oliver Marson

Sprungrevision zum OLG Brandenburg erfolgreich

Das Urteil eines Amtsgerichts ist sowohl mit der Berufung als auch mit der Revision angreifbar. Welches der beiden Rechtsmittel gewählt wird, muss möglichst genau abgewogen werden. Denn in der richtigen Entscheidung für eines der beiden Rechtsmittel kann das Ergebnis des gesamten Strafprozesses vorweg genommen werden.

Zweifel an der Schuld des Mandanten schon bei Prozessauftakt im März 2015

Schon bei Prozessauftakt im März 2015 hatte ich als Strafverteidiger Bedenken bezüglich der Schuld meines Mandanten öffentlich gemacht. Die damalige Prozesserklärung findet sich hier. Zusammenfassend begründete ich die Bedenken wie folgt:

"Und tatsächlich ist nach meiner Einschätzung die Beweislage schwierig. Letztlich wird sich alles auf die immer wieder komplizierte Glaubwürdigkeitsprüfung fokussieren. Außenstehende Zeugen solcher Übergriffe oder etwa objektive Beweismittel sind nicht existent. Glaubwürdigkeitsgutachten wurden von der Staatsanwaltschaft nicht in Auftrag gegeben. Bild-Ton-Aufzeichnungen gem. § 58a StPO wurden bei der Polizei von den kindlichen Zeugenvernehmungen nicht gefertigt.

Die Entstehungsgeschichte der Aussagen ist den Ermittlungsakten nicht wirklich zu entnehmen. All das und manches mehr, was hier nicht erwähnt wird, wirft Zweifel an den Tatvorwürfen auf. Jedenfalls aus Sicht der Verteidigung.  Und der Mandant wird den Prozess nicht schweigend und passiv über sich ergehen lassen. So wird heute zunächst eine mit Hilfe des Strafverteidigers gefertigte, umfangreiche schriftliche Einlassung des Mandanten  verlesen. Anschließend wird er sich dem Kreuzverhör stellen. Der Mandant strebt einen Freispruch an."

Schuldsprechendes Urteil des Amtsgerichts Oranienburg

Aber das AG Oranienburg (Land Brandenburg) verurteilte meinen Mandanten im Mai 2015 dann aber wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 5 Fällen. Dafür wurde eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren verhängt. Als Verteidiger hatte ich einen Freispruch gefordert.

Sprungrevision zum Oberlandesgericht Brandenburg

Dagegen ließ mein Mandant Sprungrevision zum OLG Brandenburg einlegen. Mit ihr wurde die Verletzung materiellen Rechts (Sachrüge) gerügt. Hinzu kamen noch Prozessrügen. Die Entscheidung des OLG erging am 08. Juni 2017 einstimmig gem. § 349 Abs. 4 StPO. Der 1. Strafsenat des OLG Brandenburg  hob das Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vollständig auf (AZ: (1) 53 Ss 154/16 (22/17). Es wird vor einem anderen Jugendschöffengericht neuerlich verhandelt werden.

Sprungrevision schon mit der Sachrüge erfolgreich

Das Revisionsgericht sah die im Rahmen der Sachrüge vorgetragenen Rechtsargumente als zutreffend an.

Urteil des Amtsgerichts lückenhaft

So war die amtsgerichtliche Beweiswürdigung (§ 261 StPO) im Rahmen der vorliegenden Aussage-gegen-Aussage-Konstellation lückenhaft. In diesem Kontext rügte das OLG  die unzureichende Darstellung der  den Mandanten vermeintlich belastenden Aussagen. Das Urteil ist insoweit lückenhaft, weil es dem Revisionsgericht verwehrt war, die Aussagequalität und Aussagekonstanz zu prüfen.

Verstoß gegen § 267 StPO im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf Beweismittel

Das Urteil des AG Oranienburg hatte Zeugenvernehmungen in die Hauptverhandlung eingeführt und im Urteil auf die Verschriftungen auf einer DVD Bezug genommen. Außerdem wurde im Urteil auf Verschriftungen von Chatverläufen einer Whatsapp-Gruppe Bezug genommen. Das Revisionsgericht rügt hier einen Verstoß gegen § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO. Die Bezugnahme sei unwirksam, weil nur wegen Einzelheiten auf Abbildungen wirksam Bezug genommen werden dürfe. Dazu gehören aber weder verschriftete Zeugenaussagen, noch Chatverläufe oder elektronische Speichermedien.

Rechtsfolgenausspruch rechtsfehlerhaft

Das Verteidigungsverhalten meines Mandanten würdigte das Amtsgericht im mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft zu seinen Ungunsten. So wurde straferschwerend angerechnet, dass er keine Reue und Einsichte in seine Taten gezeigt habe. Auch war es rechtsfehlerthaft ihm straferschwerend anzurechnen, dass er der eigenen minderjährigen Tochter die Zeugenvernehmung nicht ersparte.

Beschluss übernimmt Argumentation zu Prozessrüge aus Sprungrevision

Auf die Prozessrügen kam es zwar nicht mehr an. Dennoch wies das OLG in seinem Beschluss darauf hin, dass vorliegend die Voraussetzungen für die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens gegeben sein könnten. Das hatte die Verteidigung beantragt, war damit aber vor dem AG Oranienburg gescheitert.

 

Neue Hauptverhandlung nach erfolgreicher Sprungrevision vor dem Amtsgericht

Das Verfahren ist inzwischen rechtskräftig abgeschlossen. Im Dezember 2018 wurde mein Mandant freigesprochen. Näheres dazu finden Sie hier.

 

 

 


Strafvollstreckung nur über Anwaltsleiche

5 Jahre keine Strafvollstreckung

Strafvollstreckung, sexueller Missbrauch,, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Oliver Marson

Obwohl ein Mandant 2012 rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Montan verurteilt wurde blieb die Strafvollstreckung gem. § 455 StPO bisher aus. Er befindet sich auf freiem Fuß. Würde das der bebilderte Blätterwald erfahren ginge ein Aufschrei der Empörung durch das deutsche Land. Das gerade auch deshalb, weil es um Sexualstraftaten an Kindern ging. Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern. Über den Fall berichtete ich vor Jahren hier.

Hoden bei Selbstmordversuch abgetrennt

Der Mandant hatte während der Untersuchungshaft versucht, sich aus Scham für die begangenen Straftaten in der JVA Moabit zu töten. Dabei trennte er sich einen Hoden ab. In Folge des enormen Blutverlustes verlor er über Jahre das Sprachvermögen. Für sein weiteres Leben ist er gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen. Therapien und Pflege durch die Mutter sind in einem kaum vorstellbaren Umfang rund um die Uhr erforderlich. Seine Gedanken sind von Suizidüberlegungen geprägt. Das nicht aus Selbstmitleid, sondern weil er sich selbst wegen der Taten ablehnt.

Gewährung von Strafaufschub wegen Haftunfähigkeit

Trotz des desolaten physischen und psychischen Zustands meines Mandanten versuchte die Staatsanwaltschaft Berlin schon 2013, die Strafvollstreckung durchzusetzen. Dem konnte dann erfolgreich mit gerichtlicher Hilfe entgegengewirkt werden. Jahr für Jahr wurde auf Grund neuer eingeholter Gutachten die Haftunfähigkeit immer wieder festgestellt und weiter Strafaufschub gewährt.

Strafvollstreckung trotz Haftunfähigkeit

Das soll sich nun ändern. Die Staatsanwaltschaft will nun die Strafvollstreckung durchsetzen und hat dabei zunächst die Unterstützung des Landgerichts Berlin erfahren. Das hat nämlich jüngst die Einwendungen der Strafverteidigung gegen die Aufforderung zum Haftantritt als unbegründet verworfen. Der "Gesundheitszustand" des Mandanten ist aber unverändert geblieben wie das aktuelle Gutachten feststellt. Auch das Haftkrankenhaus meint, dass sich der Gesundheitszustand weiter verschlechtern könnte, wenn der Mandant zur Strafvollstreckung in die JVA eingewiesen werde. Deshalb solle er in das Justizvollzugskrankenhaus aufgenommen werden. Die attestierte Haftunfähigkeit des Gutachtens stellt das Haftkrankenhaus aber nicht in Frage.

Verurteilter als Versuchskaninchen in Krankenhaus der Strafvollstreckung?

Dort solle nun abgeklärt werden, ob die befürchtete Destabilisierung seines Zustandes „auch wirklich wie erwartet eintritt… .“ Das klingt zynisch in meinen Verteidigerohren.

Nur über meine Anwaltsleiche

Sowas ginge nur über meine Leiche, also gar nicht! Die sofortige Beschwerde zum Kammergericht Berlin ist im Diktat. Ich werde weiter berichten.


Die Zähne der Kanzlerin

Kanzlerin, Strafverteidiger, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Oliver Marson

Kanzlerin und DDR-Strafrecht

In der DDR, da wo die Kanzlerin herkommt, gab es im Strafgesetzbuch das "Zahn-um-Zahn-Strafprinzip". Das war als Grundsatz geregelt. Der beherrschte das gesamte Strafrecht der sozialistischen Diktatur. Danach wurde als Strafe die Straftat verhängt. Wenn also jemand klaute, dann wurde ihm etwas von seinem Eigentum genommen. Klaute jemand einen Löffel in der Betriebskantine, nahm man ihm einen Privatlöffel aus seinem Besteckkasten seiner Küche  weg. Verursachte ein Übeltäter den Verlust einer Nase beim Opfer, so wurde dem Täter dieselbe entfernt. Nichts anderes natürlich, wenn ein Verbrecher den Tod eines Menschen herbeiführte: Zahn um Zahn, Kopf ab.

Giftgaseinsätze sind Kriegsverbrechen

Die Kanzlerin erklärte medienbelauscht für uns Dummivolk, was Kriegsverbrechen sind: nämlich der Einsatz von Giftgas. Berauscht von der aufklärerischen Rede von der Kanzel der Kanzlerin an ihre Kanzlerschafe im deutschen Land brachten die Medien die Kanzlerweisheit in unsere Gehirne. Das hätten wir ohne der waisen Kanzelrede wirklich nicht gewusst.

US-Bomben als Vergeltungsmaßnahme

Als ein Herr Trump nun dieser Tage aus Vergeltung für den Giftgaseinsatz in Syrien einen Luftstützpunkt im selben Land bombardieren ließ, da fand das der Stellvertreter der Kanzlerin nachvollziehbar:

"Es war kaum erträglich mit ansehen zu müssen, dass der Weltsicherheitsrat nicht in der Lage war, klar und eindeutig auf den barbarischen Einsatz chemischer Waffen gegen unschuldige Menschen in Syrien zu reagieren. Dass die Vereinigten Staaten jetzt mit einem Angriff gegen die militärischen Strukturen des Assad-Regimes reagiert haben, von denen dieses grausame Kriegsverbrechen ausging, ist nachvollziehbar."

Das Zahn-um-Zahn-Prinzip imVölkerrecht

Ich verstehe das nun so: der Giftgasangriff war ein Kriegsverbrechen, der Angriff des US-Militärs rechtlich legitim. Gut, dass es die Kanzlerin und das Zahn-um-Zahn-Prinzip gibt.  Möge daran glauben, wer will. Gewarnt seien die, die glauben, das Prinzip hätte es im DDR-Strafrecht wirklich gegeben. Diejenigen glauben dann auch, das Vergeltungsanschläge legitim seien. Dem Weltfrieden kommen wir mit dieser billigen Staatspropaganda jedenfalls nicht näher.


Der Zweifel beim sexuellen Missbrauch

Rechtsanwalt,, Glaubwürdigkeit von Zeugen, Sexualstrafrecht, Sexueldelikt, Sexuelle Belästigung,, Missbrauch, Anwalt, Strafrecht, Berlin, Zweifel
Rechtsanwalt Oliver Marson

Zweifel und Zweifelsgrundsatz

Kommen Zweifel auf und der Zweifelsgrundsatz zur Anwendung, ist das für die einen der Segen. Für die anderen bricht die Welt zusammen. So geschehen am 25. Januar 2017 am Landgericht Potsdam in II. Instanz. Über den Fall berichtete ich bereits hier, Damals wurde mein Mandant vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von einem Brandenburger Amtsgericht freigesprochen.

Die Zweifel des Amtsgerichts

Der Zweifelsgrundsatz war damals für das Amtsgericht die Grundlage, meinen Mandanten aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Dabei stützte sich das Gericht im Kern auf die Gutachterin. Denn sie war – anders noch in ihrem schriftlichen Glaubwürdigkeitsgutachten – nach der Beweisaufnahme nicht mehr davon überzeugt, dass die Angaben des kindlichen Zeugen und vermeintlichen Opfers erlebnisbezogen waren. So sei nicht auszuschließen, dass er durch den Druck der Mutter den Angeklagten zu Unrecht belastet habe.

Die Zweifel des Landgerichts in der Berufung

Die anwaltlich beratene und vertretene Nebenklage ging in Berufung. Erwartungsgemäß verlief die Beweisaufnahme in den beiden Verhandlungstagen nicht wesentlich anders als vor dem Amtsgericht. Deshalb also kein Verlauf im Sinne der Nebenklage. Denn die Aussagen des nun jugendlichen Zeugen waren auch diesmal widersprüchlich, inkonstant und detailarm. Auch die Mutter wurde zeugenschaftlich vernommen. Die schon vor dem Amtsgericht feststellbare Belastungstendenz kam auch hier wieder zum Vorschein.

Deshalb empfahl die Berufungskammer der Nebenklage über die Rücknahme des Rechtsmittels nachzudenken. Das wurde jedoch jeweils zu Beginn und zum Ende des ersten Verhandlungstags abgelehnt. Auch am Ende des zweiten Verhandlungstag, es war schon wieder 4 Stunden verhandelt worden, regte das Berufungsgericht wieder die Rücknahme des Rechtsmittels an. Nun schon fast flehentlich.  Nach einer Stunde Bedenkzeit gewann, wenn auch spät, die Vernunft die Oberhand. Die Berufung wurde zurückgenommen. Der Freispruch vor dem Brandenburger Amtsgericht ist nun rechtskräftig. Dennoch ist es ein Strafprozess, der nur Verlierer kennt. Denn, von welcher Seite auch immer betrachtet, irgendetwas bleibt immer hängen.


Nafris im Kreise der Neupis

Nafris, Strafverteidiger, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Oliver Marson

Keine Nafris in Berlin

Es war ein richtig schönes Silvester dieses Jahr in Berlin. Jedenfalls wenn man mal von den vielen Kriegen weltweit absieht, die da tötend toben und Städte zerstören. Und wenn man mal ausblendet, dass dort deutsche Waffen mitmischen. Und wenn man mal den Breitscheidplatz vergisst. Die größte Jubel-, Trink-, Knallkörper-, Vergessens-  und Fröhlichseinmaschinerie versammelte sich wohl als riesiges Menschengemenge am Berliner Brandenburger Tor. Hinter Betonpfeilern, von tausenden Polizisten bewacht, argwöhnisch belauert wie beobachtet, mal so richtig die Freiheit rauslassend. Das soll richtig schön gewesen sein. Ob da nun nur Neupis waren, wie die Nordeuropäer neuerdings in Nordafrika gerufen werden sollen, ist nicht überliefert

Keine Nafris auf der Berliner Spaßmeile eingekreist

Aber irgendwie war es auch wie jedes Jahr, nur etwas mehr bewacht, bemauert und beschützt. Irgendwie nichts Neues halt. Immer das gleiche: trinken, essen, jubeln, schauen, knallen, tränenreich weinend, wenn das alte Jahr mit seinem Nizza das Zeitige segnet und im neuen  Jahr istanbulisch seine Fortsetzung findet. Berlin, die Weltstadt, feierte zum Glück anschlagsfrei, aber zu seinem Unglück wie immer einfallslos.

Kölner Neupis und ihr Fangespiel mit Nafris

Da soll es doch viel abwechslungsreicher in Köln zugegangen sein. Die aus Neupis bestehende Polizei hat ein Spiel mit Nafris entwickelt. Ich habe es noch nicht so richtig durchschaut, was es bedeutet und bezwecken soll. Das mag an meinem verminderten Verstand liegen, der dem jedes verbeamteten Polizei-Neupis natürlich nicht gewachsen ist. Aber es klingt schon mal sehr werbeträchtig. Denn der Name "Nafris" soll auch eine Schöpfung der Polizei-Neupis sein. Ich habe mich in den Medien belesen. Das ist die Abkürzung für "Nordafrikaner". Und die wurden eingekreist. Richtig lustig muss das gewesen sein. Für die Neupis, die den Außenkreis um die Nafris bildeten und ihre Freiheit schützten. Oder schützten sie Neupis außerhalb des Kreises vor den Nafris im Kreis? Das ist mir noch nicht so ganz klar. Auch dass die verbeamteten Neupis den eingekreisten Nafris dann an die personelle Wäsche gingen verstehe ich noch nicht so recht. Hatten die denn was ausgefressen? Oder sahen die schon so aus, als ob sie was ausfressen wollten?

Ich weiß es nicht. Ist auch nicht so schlimm. Wenn wir Neupis in den USA auf dem Flughafen bis auf die Wäsche gefilzt werden ist das ja auch in Ordnung. Oder wenn der Sheriff im freien Amerika den Führerschein vom Neupi mit vorgestrecktem Colt einfordert geht das ja auch in Ordnung. Also ist es ja nur richtig, wenn wir unsere globalen Erfahrungen als Neupis mal den im Neupiland gestrandeten Nafris einfühlsam weitergeben. Schließlich sollen sie sich ja hier an unsere Gesetze halten. Und vielleicht spielen die Nafris  mit uns in einem Nafri-Land auch mal dieses Spiel, dann eben wir Neupis umkreist von Nafris. Da kommt Neupispielervorfreude auf!

Fragen an die Neupi-Polizisten

Könnte es sein, dass solche Bezeichnungen und wohl kaum rechtlich gedeckten Spielchen euer rassistisches Denken über Menschen anderer Regionen zum Ausdruck bringt? Könnte es sein, dass ihr damit zumindest fahrlässig, vielleicht sogar bedingt vorsätzlich die national-völkische Ideologie in Deutschland stützt? Oder seid ihr in die AfD eingetreten? Könnte es sein, dass ihr damit dem globalen Hass der Menschen Futter gebt statt ihn zu schmälern? Meint ihr nicht, es wäre Zeit umzudenken? Wenn ihr das nicht meint: Könnt ihr mir verdenken, wenn ich mir andere Polizisten wünsche und euch aus dem Beamtenverhältnis entlassen sehen möchte?


Anwaltliche Versicherung für 2017

Versicherung, Strafverteidiger, Rechtsanwalt
Rechtsanwalt Oliver Marson

Versicherung eines Anwalts

Für das Jahr 2017 versichere ich auch weiterhin kompromisslos zu sein.

Versicherung gegenüber Mandanten

Ich werde mich auch weiterhin kompromisslos für meine Mandanten einsetzen. Der Kampf der Mandanten ist mein Kampf um das Recht der Mandanten.

Den Staatsanwälten anwaltlich versichert

Jede abweichende Rechtsmeinung eines Staatsanwalts wird anwaltlich hinterfragt. Skepsis ist das oberste Gebot kompromissloser Strafverteidigung. Keine Auseinandersetzung wird gescheut, wenn sie Chancen auf Erfolg bietet.

Den Richterinnen und Richtern versichert

Meine Versicherung gegenüber den Gerichten lautet: Ich werde euch kein Urteilsbeschaffer sein und den Interessen der Mandanten nicht schaden. Daher ist jede offene oder versteckte Voreingenommenheit im Gerichtssaal bekämpfen. Dem Verurteilungswillen mancher Richterinnen und Richter sage ich weiterhin mit allen mir zur Verfügung stehenden rechtlichen Möglichkeiten den Kampf an.

Ein Lob eines Richters an die Adresse des Strafverteidigers werde ich kritisch hinterfragen: Was habe ich falsch gemacht? Kein Weg wird mir zur Durchsetzung des Rechts zu weit sein. Der anwaltliche Erfolg wird das erkämpfte Recht für den Mandanten bleiben.

Anwaltliche Versicherung an den Anwalt

Ich werde auch weiter mir gegenüber kompromisslos sein. Deshalb sind auch eigene Rechtsauffassungen ebenso kritisch wie die der Staatsanwälte und Richter zu hinterfragen. Sie sind gegeneinander abzuwägen. Der Beschwichtigungsgrundsatz "Wird schon irgendwie gehen"  lebt leblos in der Politik. Jedoch wäre er Im Strafprozess der Todesstoß.  Die Fähigkeit, eigene Irrtümer einzugestehen und rechtzeitig andere Wege zu bestreiten gehört ebenfalls zu gelebter Strafverteidigung im Interesse der Mandanten.

So wird es gehen. Auf in ein kompromissloses neues Jahr mit den besten Wünschen an alle Mandanten, feindlichen Staatsanwälte und Richter. Auf gutes Gelingen!

 


Ehrenmord und KaDeWe-Raub vor Gericht

Rechtsanwalt, Strafrecht, Ehrenmord, Auftragsmord
Rechtsanwalt Oliver Marson

Ehrenmord im Mix mit Raub

Am Landgericht Berlin beginnt heute unter hohen Sicherheitsvorkehrungen ein Strafverfahren wegen eines versuchten Ehrenmords. Im gleichen Verfahren geht es aber auch um den hinlänglich bekannten Raubüberfall auf das KaDeWe im Dezember 2014. Insgesamt sind 12 Männer angeklagt. Es gibt keine durchgehende Identität zwischen den Angeklagten und den beiden Hauptvorwürfen. Dass die Staatsanwaltschaft ein "Gesamtpaket" schnürte erscheint prozessunökonomisch.

Die Anklage ging zur Jugendkammer

Zwei der Angeklagten sind Heranwachsende. Daher wurde die Anklage bei einer Jugendkammer des Berliner Landgerichts erhoben. Die Jugendkammer trennte insoweit das Verfahren ab. Im übrigen ging das Verfahren, sowohl den Raub als auch den vermeintlichen Ehrenmord betreffend, zur 32. Großen Schwurgerichtskammer. Die hat nun auch den Raub zu verhandeln.

20 Strafverteidiger und 10 Angeklagte

Wegen des Umfangs des Verfahrens werden insgesamt 20 Rechtsanwälte verteidigen. Bis Juni 2017 sind zunächst fast 70 Hauptverhandlungstage anberaumt worden.

Die Hauptverhandlung als Blackbox

Nun beginnt also der Prozess. Und sollte es heute zur Verlesung der über 200 Seiten umfassenden Anklageschrift kommen, stellt sich die Frage, was danach kommt.

Erst Ehrenmord und dann Raub oder doch umgekehrt?

Eine Zeugenliste hat das Gericht bisher nicht erstellt. Man wolle noch abwarten, wie die ersten Prozesstage anlaufen. So jedenfalls hieß es aus Gerichtskreisen. Was unseren Mandanten betrifft, den ich gemeinsam mit dem Kollegen Ulrich Drewes verteidige, wird ihm "nur" die Beteiligung an dem versuchten Ehrenmord angelastet. Wegen des Raubes ist er nicht angeklagt. Auch wir sind gespannt, wie die ersten Prozesstage so "anlaufen".  Und dann werden wir schon irgendwie mitbekommen, ob wir erst im Frühjahr 2017 so richtig was zu tun haben, weil es vorher um den Raub geht. Oder kommt es doch anders herum? Ein Prozess mit Überraschungen. Vielleicht warten noch andere Überraschungen auf die Prozessbeteiligten. Lassen wir uns doch einfach mal überraschen so kurz vor Nikolaus.

 

 


Mit Igel neuer US-Präsidentschaftskandidat aufgetaucht

Igel statt Clinton oder Trump

Igel, Frieden, Wilhelm Busch, Schuld, Rechtsanwalt, Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Bewaffneter Friede

(Wilhelm Busch)

Ganz unverhofft an einem Hügel
sind sich begegnet Fuchs und Igel. Halt, rief der Fuchs, du Bösewicht! Kennst du des Königs Ordre nicht? Ist nicht der Friede längst verkündigt, und weißt du nicht, dass jeder sündigt,
der immer noch gerüstet geht? Im Namen seiner Majestät,
geh her und übergib dein Fell. Der Igel sprach: Nur nicht so schnell. Lass dir erst deine Zähne brechen, dann wollen wir uns weiter sprechen! Und allsogleich macht er sich rund, schließt seinen dichten Stachelbund und trotzt getrost der ganzen Welt,
bewaffnet, doch als Friedensheld.

Go home

Wir hören von Ihren perversen Ausfällen gegen Farbige und Frauen, Mr. Trump. Wir werden gelangweilt mit Ihrem elektronischen Nachrichtenverkehr, Mrs. Clinton. Wir wollen aber Weltfrieden, Mr. Trump. Wir wollen die Beendigung des Krieges in Syrien, Mrs. Clinton. Wir hören von Ihnen nichts dergleichen. Wir wollen Sie deshalb nicht, meine Damen und Herren.  Ich wähle daher den Igel!


Schuldig, weil er Schuld sein muss

Schuld, Rechtsanwalt, Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Wie ein Gericht Schuld feststellte

Schuld habe der Angeklagte, so urteilte das Landgericht Weiden am Freitag vergangener Woche. Ich berichtete über den Prozess (hier, hier, hier, hier und hier). Der Angeklagte wurde u.a. wegen Mordes aus niedrigen Beweggründen an einem 9-jährigen Jungen und wegen Körperverletzung an dessen Mutter verurteilt.

Aussage gegen Aussage

Zum Zeitpunkt der Gewaltanwendung gegen den Jungen befanden sich zwei weitere Personen am Tatort, nämlich die Mutter und der Angeklagte. Die Mutter bekundete in mehreren polizeilichen Vernehmungen, ihr Sohn sei im Bad beim Duschen gestürzt und habe sich dabei Kopfverletzungen zugezogen. Erst ein Jahr später beschuldigte sie plötzlich den Angeklagten der Tat. Sie habe Schreie ihres Sohnes und dumpfe Schläge gehört, nachdem sie den Angeklagten ins Bad gehen sah.

Der Angeklagte gab zunächst als Zeuge befragt auch an, es sei ein Unfall im Bad gewesen. Erst in der Hauptverhandlung sagte er mit einer vom Verteidiger verlesenen Einlassung aus, er habe gesehen, wie die Mutter mit dem Duschkopf auf den in der Dusche stehenden Jungen einschlug. Seine Darlegungen waren detailliert und umfangreich. Er präsentierte dem Gericht ein ganzes Motivbündel, warum er zunächst bei der Polizei sein Wissen verschwiegen und die Unwahrheit gesagt habe. So gab er an,  u. a. davor Angst gehabt zu haben, allein wegen seiner Vergangenheit und der Tatsache, mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein, als Tatverdächtiger angesehen zu werden. Diese Angst sollte sich bestätigen. Nach Verlesung der Einlassung erklärte er seine Bereitschaft, Fragen des Gerichts zu beantworten.  Das Gericht verzichtete darauf, ihn zum Kerngeschehen zu befragen.

Ermittlungsbehörden ermittelten einäugig

Die Ermittlungen wurden ausschließlich gegen den späteren Angeklagten geführt. Ein Kriminalbeamter sagte vor Gericht aus, dass dies auf Weisung des Staatsanwalts erfolgt sei. Deshalb habe sich die Frage nicht gestellt, ob auch die Mutter Schuld an dem Tod des Jungen träfe. Auch habe die Mutter bisher unauffällig gelebt. Dagegen sei der Angeklagte mehrfach vorbestraft, weshalb man von einem dringenden Tatverdacht ausgegangen sei. Ermittlungen zu einer möglichen Täterschaft der Mutter seien deshalb nicht geführt worden.

Die mündliche Urteilsbegründung

Das Gericht ging, wie die Verteidigung, von einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation aus. Nun käme es auf die Glaubwürdigkeit an, so das Gericht. Dazu stellte es auf "die Persönlichkeiten" des Angeklagten und der Mutter ab. Nach dieser Einleitung wurde der Boden der Sachlichkeit weich unter den Füßen.

Die Schuldformel von Weiden

Der Vorsitzende machte bei der weiteren Urteilsbegründung aus seinem Herzen keine Mördergrube, wie eine örtliche Zeitung schrieb. Lautstark, teilweise ausfällig gegen den Angeklagten und höhnend erschienen seine Ausführungen. Die Überzeugung von der Schuld begründete das Gericht im Kern mit den Vorstrafen des Angeklagten und seinem vermeintlich  schlechten Charakter. So laute der zweite Vorname des Angeklagten "Manipulation". Er habe alle und jeden manipuliert. Der Richter beglückwünschte den Angeklagten dafür, dass er brutal auf einen Jungen eingeschlagen habe: "Glückwunsch, haben Sie toll gemacht". Auch brachte der Richter zum Ausdruck, dass eine höhere Strafe verhängt worden wäre, wenn mehr als lebenslang gehen würde. Die Aufzählung solcher und ähnlicher Ausführungen könnte fortgesetzt werden. Hier scheint jedenfalls eine besondere Weidener Schuldformel angewendet worden zu sein: wer einmal Schuld hatte soll immer schuld haben.

Die Unschuldsformel von Weiden

Die Mutter sei glaubwürdig, so das Gericht. Sie habe immer ein anständiges Leben geführt, habe den Sohn geliebt und habe kein Motiv für die Tötung ihres Sohnes gehabt.  Dass die Zeugin über ein Jahr hinweg die Ermittlungsbehörden anlog und sich auch bei ihrer gerichtlichen Vernehmung widersprach, erwähnte das Gericht. Gründe dafür, weshalb man ihr dennoch uneingeschränkt Glauben schenkte, wurden nicht benannt. Das scheint die Weidener Unschuldsformel zu sein: Wer bisher keine Schuld hatte soll auch nachher keine Schuld haben.

Revision gegen Urteil

Heute wurde Revision gegen das Urteil eingelegt. Und schön wäre es für das Revisionsverfahren, wenn der wesentliche Teil der mündlichen Urteilsbegründung in das schriftliche Urteil einfließt.