BGH hebt Urteil der Wirtschaftsstrafkammer wegen Verletzung rechtlichen Gehörs auf.

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Rechtsanwalt Marson

Verletzung rechtlichen Gehörs: Wird den Strafverteidigern eine Vorbereitungszeit für das Plädoyer vollständig versagt, so ist dies rechtsfehlerhaft und stellt einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs dar.

Meinem Mandanten wurde gewerbsmäßiger Bandenbetrug in 433 Fällen mit einem Gesamtschaden von ca. 8 Mill. EURO vorgeworfen. Er und weitere Mitbeschuldigte sollen wertlose, an der Wiener Börse gehandelte Aktien einer Berliner Aktiengeselllschaft, an spanische Anleger verkauft haben.  Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Düsseldorf verurteilte ihn deswegen nach 45 Hauptverhandlungstagen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Auf Grund der eingelegten und begründeten Revision hob der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes das Urteil des LG Düsseldorf auf.

Die von den Verteidigern erhobene Rüge der Verletzung des § 258 I StPO war deshalb erfolgreich, weil die Strafkammer am 43. und 44. Hauptverhandlungtag Beschlüsse über die Ablehnung zahlreicher Beweisanträge mit ca. 160 Seiten Begründung verlasn und am darauffolgenden Tag, dem 45. Hauptverhandlungstag, den Verteidigern die Möglichkeit zum Halten der Schlußvorträge einräumte, ohne das diese die Möglichkeit zur ausreichenden Vorbereitung hatten. Alle Proteste der Verteidiger einschließlich erhobener Ablehnungsanträge half nichts. Die Kammer bestand auf eine Unteilsverkündung noch am 45. Hauptverhandlungstag. Die Verteidiger weigerten sich zu Recht, wie jetzt der BGH festgestellt hat,  das Halten der Plädoyes unter diesen Bedingungen.

Nach § 258 Abs. I StPO hat der Angeklagte nach Abschluss der Beweisaufnahme und vor endgültiger Entscheidung des Gerichtes, das Recht zum gesamten Sachverhalt und zu allen Rechtsfragen des Verfahrens Stellung zu nehmen. Dieses Recht wurde dem Angeklagten nach Auffassung des BGH genommen, wenn den Verteidigern die Möglichkeit einer Vorbereitung der Schlussvorträge genommen wird ( BGH vom 24.1.2023 – 3 StR 80/22 ). Das Recht auf einen Schlussvortrag erschöpft sich aufgrund seiner überragenden Bedeutung nicht in der bloßen Möglichkeit zur Äußerung, vielmehr muss den Verfahrensbeteiligten eine wirksame Ausübung ermöglicht werden. Das Gericht – so der BGH – ist dazu verpflichtet, angemessene Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Verfahrensbeteiligten einen Schlussvortrag in der Weise halten können, wie sie ihn für sachdienlich halten.