Keine Vermögensabschöpfung - Vermögensarrest über 450.000 € aufgehoben

Vermögensabschöpfung, Einziehung bei Straftaten, Rechtsanwalt, Anwalt, Strafverteidiger, Strafrecht, Ermittlungsverfahren, Arrest, Pfändung,erweiterte, selbstständige, Einziehung von Taterträgen, Täter, Teilnehmer, Berufung, Revision
Rechtsanwalt Oliver Marson

Vermögensabschöpfung über 450.000 € fand nicht statt

Die 2017 reformierten Regelungen nach §§ 73 ff. StGB lassen darauf schließen, dass die Vermögensabschöpfung (Einziehung von Taterträgen) eigentlich in allen Fällen und insbesondere bei allen Straftaten möglich ist. Das betrifft zunächst die Einziehung des nachträglich entdeckten Vermögens.  Ebenso kann die selbstständige und auch die erweiterte Einziehung erfolgen. Unter den in § 73b StGB genannten Voraussetzungen können aber auch bei außenstehenden Personen, die nicht Täter oder Teilnehmer einer Straftat waren,  Taterträge eingezogen werden.

Vermögensabschöpfung bei Einstellung des Ermittlungsverfahrens?

Aber nicht in allen Fällen ist eine Verrmögensabschöpfung gegen Personen im Sinne des § 73 b StGB möglich. Jedenfalls dann nicht, wenn das Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wird. Das dokumentiert der folgende Fall:

Gegen einen Mann wurde 2017 ein Ermittlungsverfahren wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln geführt. Im Rahmen dessen wurde sein Telefon überwacht. Meine spätere Mandantin rief den Beschuldigten während der Telefonüberwachung an und fragte, ob er ihr als langjähriger Bekannter und Freund einen bestimmten Geldbetrag leihen könne. Er sagte zu und sie erhielt den Darlehensbetrag.

Weil in den Telefonaten statt von "Geld" von "Piepen" die Rede war, kombinierten die LKA-Beamten "messerscharf", dass die spätere Mandantin was von den vermeintlichen Rauschgiftgeschäften wissen müsse und sie hier nur zum Schein ein Darlehen aufnehmen wolle. Daher wurde gegen meine Mandantin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Geldwäsche eingeleitet.

Und kurz danach holten sich die LKA-Herren einen Durchsuchungsbeschluss bei einer nicht sonderlich den Tatverdacht prüfenden Haftrichterin am Amtsgericht Tiergarten. Sie hatte auch gleich noch einen Arrestbeschluss erlassen. Bewaffnet mit den Beschlüssen vollstreckten die LKA-Beamten den Durchsuchungsbeschluss. Eine Versicherungspolice wurde sichergestellt. Den Damen und Herren gelang es meiner späteren Mandantin einen solchen Schreck einzujagen, dass sie "freiwillig" und sofort auch noch einen hohen Geldbetrag auf die Hinterlegungsstelle bei der Justizkasse einzahlte, um vom Vollzug des Arrests verschont zu bleiben. Hinsichtlich der sichergestellten Lebensversicherung erließ die Staatsanwaltschaft Berlin einen entsprechenden Pfändungsbeschluss.

Einstellung des Ermittlungsverfahrens ohne Entscheidung zur Vermögensabschöpfung

Mit einer Schutzschrift regte ich dann die Einstellung des Verfahrens gem. § 170 Abs, 2 StPO an. Dem folgte die Staatsanwaltschaft auch. Was ausblieb war eine Entscheidung über die vorläufigen Sicherungsmaßnahmen. Eine endgültige Einziehung und somit Vermögensabschöpfung befürchtete ich schon deshalb, weil die neuen Gesetzesregelungen fast in allen Fällen und fast ohne Ausnahme zu greifen scheinen und derzeit - jedenfalls bei mir - auch noch keine Praxiserfahrungen im Umgang mit den Neuregelungen vorhanden waren.

Anträge auf Aufhebung des Arrestbeschlusses und Begründung

Nach einem entsprechenden Antrag kam es dann zur Aufhebung des Arrestbeschlusses.  In der Sache hatte ich argumenntiert ich, dass § 73 e StGB Ausnahmen enthalte, unter denen die Einziehung des Tatertrages oder des Wertersatzes ausgeschlossen sind. Dazu gehören auch Maßnahmen nach § 73 b StGB (Einziehung von Taterträgen bei Anderen). Im Falle der Mandantin lägen  die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 1 bis 3 StGB nicht vor. Auch eine selbständige Einziehung gem. § 76 a StGB kommt im Hinblick auf den dortigen Abs. 3 nicht in Betracht.

Das aber reichte noch nicht aus, um letztlich die Lebensversicherung "freizubekommen" und den bei der Justizkasse hinterlegten Geldbetrag freizubekommen. Folglich stellte ich zwei weitere Anträge (Herausgabeersuchen), die auf die Abgabe der Freigabeerklärung für die Lebensversicherung gegenüber der Versicherung und die Freigabe des Bargeldbetrages gerichtet waren. Daraufhin erfolgte durch die Staatsanwaltschaft die Pfandfreigabeerklärung (Versicherung) und  die Freigabeerklärung für das hinterlegte Bargeld. Es ging letztlich um eine drohende Vermögensabschöpfung von über 450.000 €.

 

 

 

 


Big Data Analyse - Seminar zur Einführung für Strafverteidiger

Anwälte, Optimierung der Verteidigung, computergestützte Big Data Analyse. Rechtsanwälte, Anwälte, Strafverteidiger, Umfangsverfahren, Mammutverfahren, Strafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Ermittlungsverfahren, Steuerstrafrecht, Arztstrafrecht, Medizinstrafrecht
Dr. Uwe Ewald
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Rechtsanwalt Oliver Marson

Verteidigerseminar zur Einführung in die Big Data Analyse für Umfangsverfahren

Dieses Verteidigerseminar  (Ein-Tages-Seminar) bietet eine Einführung zu den Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung von Strafverfolgung und Strafjustiz. Es ist ein Angebot im Rahmen mehrer nachfolgender Seminare, mit denen Strafverteidiger im Weiteren den praktischen Umgang mit der Analysesoftware (Big Data Analyse) erlernen können. Näheres dazu finden Sie hier. Im Zuge der Ausweitung der technischen Überwachungs- und Ermittlungsmethoden und der Einführung massenhafter elektronischer Beweismittel (eEvidence) in die Beweisaufnahme ergeben sich zwangsläufig neue Herausforderungen an die Strafverteidigung, die bis zur eigenständigen Anwendung computergestützter Informationsverarbeitung durch Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger reichen. Adressatenkreis sind Strafverteidiger, die sich zunächst orientieren möchten, bevor sie ggf. ein Softwaretraining belegen.

Big Data Analyse - zum Inhalt des Seminars und der Vorträge

„Big Data: Neue Herausforderungen an die Strafverteidigung durch digitale Beweismittel“
(Eine Einführung),

  • Referent: Rechtsanwalt und Kriminologe Dr. Uwe Ewald
  • Termin: 24. März 2018, von 10 bis 18 Uhr mit anschließender Möglichkeit zu Einzelgesprächen. –> Anmeldung
  • Ort: Bildungszentrum Erkner, Seestraße 39, 15537 Erkner
  • Preis: 350 EUR (umfasst Seminargebühr, Unterlagen, Getränke, Snacks, Mittag- und Abendessen)
  • Bei Anmeldung erhalten Sie weitere Informationen und die Bankinformationen für die Überweisung der Teilnahmebeitrag. –> Anmeldung
  • Mit Eingang der Teilnahmegebühr ist Ihre Anmeldung verbindlich. (Siehe Allgemeine Geschäftsbedingungen)
  • Anreise am Vorabend und Übernachtung am Tagungsort möglich
  • Bei Interesse an späteren Terminen bitte Information an die Kanzlei Dost-Roxin unter dem Betriff„Vertzeidigerseminare“

Dieses Ein-Tages-Seminar bietet eine Einführung zu den Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung von Strafverfolgung und Strafjustiz. Im Zuge der Ausweitung der technischen Überwachungs- und Ermittlungsmethoden und der Einführung massenhafter elektronischer Beweismittel (eEvidence) in die Beweisaufnahme ergeben sich zwangsläufig neue Herausforderungen an die Strafverteidigung, die bis zur eigenständigen Anwendung computergestützter Informationsverarbeitung durch Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger reichen.

Das Verteidigerseminar gibt in einem ersten Teil (ca. ¾ des Seminars) einen Überblick zu den Grundzügen der Digitalisierung von öffentlicher Sicherheit und Strafjustiz und zu den wesentlichen Konsequenzen für die Beweiserhebung:

  • Entwicklungen im internationalen und EU-Rahmen (eEvidence) und Deutschland; Erfassung digitaler Beweismittel durch IKT-Sicherheitsarchitektur;
  • Veränderung des Strafverfahrens durch (massenhafte) digitale Beweismittel und Übersicht zu Struktur und Inhalt digitaler Beweismittel;
  • konkrete Dateninhalte und ihre Bedeutung als Beweismittel am Beispiel von TKÜ- und Handy-Daten einschließlich einer kurzen Erläuterung zu in Ermittlungsverfahren verwendeter Erfassungs-Software;
  • Probleme der Erfassung und Auswertung digitaler Beweismittel (Forensic Readiness, digitale Forensik, Ermittlungsbehörde, Staatsanwaltschaft) und daraus resultierende Verteidigungsmöglichkeiten;
  • Unterschied von analoger und digitaler Informationsverarbeitung: Grundzüge der computergestützten inhaltlichen Auswertung digitaler Beweismittel und häufige Schwächen der polizeilichen Analyse;
  • Möglichkeiten aus Big Data zu Recherche und Ermittlung durch Verteidigung;

In einem zweiten Teil (ca. ¼ des Seminars) wird eine Übersicht zu Software-Tools gegeben, die durch Strafverteidiger und Strafverteidigerinnen mit überschaubarem Aufwand erlernt und praktisch angewendet werden können:

  • Einführung in Software und Internetanwendungen für Strafverteidiger*innen;
  • praktische Anwendungsbeispiele für die Aufbereitung und Analyse elektronischer Beweismittel;
  • Sinn und Möglichkeiten eigener Online-Recherche;
  • Schutz vor Risiken und digitalen Angriffen bei der Strafverteidigung – eigene Datensicherheit und Datenschutz;
  • wie sich Kanzleien und Einzelanwälte erfolgreich auf den Umgang mit digitalen Beweismitteln (um- und) einstellen können.

Ein fortführendes Angebot als Verteigerseminar zum Umgang mit der Software zur Big Data Analyse finden Sie hier.


Strafe bei sexuellem Missbrauch von Kindern

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Rechtsanwalt Oliver Marson

Strafe bei sexuellem Missbrauch von Kindern und die Bedeutung der Zeit

Der BGH hat sich 2017 mit den Grundsätzen der Strafzumessung beschäftigt (BGH GSSt 2/17 vom 12. Juni 2017).  Dabei ging es um die Strafe bei sexuellem Missbrauch (§ 176 StGB) bzw. bei schwerem sexuellen Missbrauch. Im Fokus der Entscheidung stand die Frage, welchen Einfluss der Zeitfaktor auf das zu bestimmende Strafmaß hat. Es geht um den Zeitraum zwischen der Tat und dem Zeitpunkt des Urteils.

Bedeutung des Zeitfaktors bei der  Strafe wegen sexuellem Missbrauch wie bei anderen Straftaten

Grundsätzlich stellt der BGH dazu fest, dass dem zeitlichen Abstand zwischen Tat und Urteil im Rahmen der Strafzumessung bei Taten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, die gleiche Bedeutung zukommt, wie bei anderen Straftaten.

In diesem Kontext hat der BGH-Beschluss zunächst sinngemäß herausgestellt, dass die

Strafe eine angemessene staatliche Reaktion auf die Begehung einer Straftat sein soll. Ihre Bemessung ist zugleich tatrichterlicher Wertungsakt und Rechtsanwendung auf einen bestimmten Strafzumessungssachverhalt unter vom Gesetzgeber formulierten Strafzumessungskriterien und Leitlinien; sie erfordert nach anerkannten Grundsätzen eine einzelfallorientierte Abwägung der strafzumessungsrelevanten Umstände. Grundlagen der Strafzumessung sind dabei die Schwere der Tat in ihrer Bedeutung für die verletzte Rechtsordnung und der Grad der persönlichen Schuld des Täters.

Auch der Zeitraum bestimmt die Höhe der Strafe wegen sexuellem Missbrauch

Der zeitliche Abstand zwischen Tat und Urteil gehört zu den Umständen, die nach dem am Einzelfall orientierten Maßgaben Einfluss auf die Bemessung der Strafe gewinnen können.

Bemessung der Strafhöhe nicht von Verjährungsfrist abhängig

Das Gewicht, mit dem der zeitliche Abstand zwischen einer noch verfolgbaren Tat und dem Urteil in die Bemessung der Strafe einzustellen ist, hängt auch nicht von der Länge der Verjährungsfrist ab. Es wird ebenfalls nicht dadurch beeinflusst, dass die Tat gegebenenfalls länger verfolgbar ist, weil die Verjährung ruht oder unterbrochen ist. Insbesondere die Regelung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB steht dem sich aus den Grundsätzen der Strafzumessung ergebenden Erfordernis, den Faktor Zeitablauf zwischen Tat und Urteil stets individuell zu betrachten und zu gewichten, nicht entgegen. Sie führt nicht dazu, dass bei Straftaten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern betreffen, dem Zeitablauf zwischen Tat und Urteil generell, d.h. losgelöst von den konkreten Einzelfallumständen, ein geringeres Gewicht zukommt als bei anderen Straftaten.

Zeitlicher Abstand zwischen Straftat und Urteil ist nur ein Gesichtspunkt bei der Strafzumessung

Die Bedeutung des Strafzumessungsgesichtspunktes zeitlicher Abstand zwischen Tat und Urteil ist einzelfall- und nicht deliktsgruppenabhängig. Daneben können selbstverständlich auch andere wesentliche Gründe im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden. Gerade auch die übrigen Strafzumessungskriterien sind zu berücksichtigen und vom Gericht zu gewichten.

Weitere Informationen zum Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern finden Sie hier.


Freispruch am Amtsgericht Tiergarten

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Rechtsanwalt Oliver Marson

Was dem Freispruch am Amtsgericht vorausging

Der Freispruch am Amtsgericht Tiergarten war kein Selbstläufer. Eine Zeugin hatte eine versuchte Vergewaltigung zur Anzeige gebracht. Sie berichtete, mit einem Mann in dessen Wohnung gegangen zu sein. Dort habe er ihr ein Kopfkissen auf das Gesicht gedrückt, bis sie keine Luft mehr bekam. Er habe sie, so die Zeugin weiter, versucht zu vergewaltigen. Auch habe es einen Kampf gegeben in der Wohnung, der habe ca. 10 Minuten gedauert. Danach sei sie wieder auf das Bett gedrückt und abermals gewürgt worden. Der Angeklagte, mein Mandant, habe ihr Verletzungen zugefügt, so am Hals, insbesondere Hämatome. Irgendwie habe sie sich befreien und die Wohnung verlassen können. Sie habe im Flur um Hilfe geschrien. Dann sei die Polizei erschienen.

In dubio pro reo als Grundlage für den Freispruch am Amtsgericht

Die Staatsanwaltschaft hatte meinen Mandanten lediglich wegen Bedrohung und Körperverletzung angeklagt. Denn schon aus den polizeilichen Vernehmungen der Zeugin ergab sich kein hinreichender Tatverdacht für eine versuchte Vergewaltigung. Im Gerichtsverfahren wiederholte die Zeugin ihre polizeilichen Aussagen im Wesentlichen inhaltsgleich. Mein Mandant ließ sich zu den Vorwürfen ein und bestritt sie. Er stellte sich dem Kreuzverhör der Prozessbeteiligten.

Der von ihm geschilderte Sachverhalt zu den Ereignissen in der Wohnung war schlüssig. Und sie waren nicht zu widerlegen. Dagegen erschienen die Angaben der Zeugin schon deshalb unglaubwürdig, weil ihre Schilderungen selbst keinen Hinweis auf eine versuchte Vergewaltigung enthielten, sie aber genau das behauptete. Es gab auch keine Kampfspuren in der Wohnung meines Mandanten, in der angeblich ein Kampf von 10 Minuten stattgefunden haben sollte. Typische Verletzungsbilder, sogenannte Würgemerkmale, hatte das Landeskriminalamt am Hals der Zeugin auch nicht feststellen können.

Staatsanwältin auf beiden Augen blind

Unter diesen Umständen musste der Antrag der Staatsanwaltschaft verwundern, die eine Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung und Bedrohung beantragte. Bis zur Anklage war nicht zwingend von einem Freispruch auszugehen. Aber wie so oft in der Praxis stellt sich oft ein abweichendes Bild zwischen den Ergebnissen der Papierakte und dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor Gericht mit "lebendigen Beweismitteln" dar. So war es auch hier. Der Freispruch am Amtsgericht entsprach dem Antrag der Verteidigung, gestützt auf den Zweifelsgrundsatz in dubio pro reo. Das hier nachzulesende Urteil ist rechtskräftig.

Weiterführende Informationen zur Glaubwürdigkeit von Zeugen finden Sie auch hier.

 

 

 

 


Strafverteidiger aus Jurablogs-Club verbannt

Jurablogs, Strafverteidiger, Rechtsanwalt, Strafrecht
Rechtsanwalt Oliver Marson

Jurablogs will mich nicht mehr

Nach meiner Umgestaltung der Webseite vor einigen Monaten stellte ich fest, dass meine Beiträge nicht mehr bei Jurablogs erscheinen. Der RSS-Feed war korrekt eingestellt. Unser Webmaster rätselte ergebnislos. Ergebnislos blieben auch dutzende Versuche, den Verantwortlichen von Jurablogs per Mail zu erreichen. Wir bekamen von Herrn Klappenbach immer nur automatische Rückantworten, wonach man sich schnellstmöglich kümmern wolle. Weder passierte schnellstmöglich, noch überhaupt was. Nun aber meinte unser genialer Webmaster, Eric Sturm, für den ich gerne etwas Schleichwerbung mache, das Problem und die Lösung gefunden zu haben.

Die Probe auf`s Exempel bei Jurablogs

Dieser Beitrag ist also nun die Probe, ob ich wieder online bin und gibt einen kleinen Überblick über veröffentlichte Beiträge, die in der letzten Zeit nicht bei Jurablogs erschienen sind.

Urteil des Verwaltungsgerichts Halle zu erkennungsdienstlichen Maßnahmen

Das Verwaltungsgericht Halle erklärte die Anordnung zur erkennungsdienstlichen Behandlung gem. § 81 b 2. Alt. StPO  mit Urteil vom 30. Mai 2017 (AZ: 1 A 131/15 HAL) für rechtswidrig. Der Beitrag und das Urteil finden sich hier.

Landgericht untersagt Abnahme von Speichelproben

Den Ermittlungsbehörden ist es gestattet, bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung  einem Straftäter zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen zu entnehmen. Sie dürfen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden. So besagt es die Gesetzesregelung des § 81g StPO. Das aber untersagte das Landgericht Cottbus nun in einem konkreten Fall.

Freispruch statt Prozessurteil wegen Unterschlagung eines Porsches

Es ging um die angebliche Unterschlagung eines Porsches (§ 246 StGB). Die Anklage entsprach hinsichtlich der Umgrenzungsfunktion nicht den Anforderungen des § 200 StPO. Folglich stellte ich wie in gleichgelagerten Fällen auch hier den Antrag, die Verlesung der Anklage nicht zuzulassen und das Verfahren mit Prozessurteil gem. § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Das blieb ohne Erfolg. Dafür wurde mein Mandant freigesprochen.

Freispruch von einer nicht angeklagten Vergewaltigung

Wie das geht findet sich hier.


Die trügerische Erlebniswelt Vergewaltigung

Erlebniswelt Vergewaltigung, Freispruch, Strafrecht, Rechtsanwalt, Strafverteidiger
Rechtsanwalt Oliver Marson

Die Erlebniswelt einer Zeugin

In der Erlebniswelt der Zeugin war sie Opfer einer Vergewaltigung geworden. Die Berliner Staatsanwaltschaft klagte meinen Mandanten aber nur wegen Gefährlicher Körperverletzung und Nötigung an.

Die Erlebniswelt der Staatsanwaltschaft

Die Anklage machte sich die Aussagen der Zeugin zu Eigen. Danach hatte die junge Frau in einer Berliner Discothek einen in Deutschland studierenden Afrikaner kennengelernt. Die beiden waren sich sympathisch. Irgendwann gingen sie in sein Zimmer im Studentenwohnheim. Sie signalisierte, nicht mit ihm schlafen zu wollen. Das akzeptierte er. Es kam zwischen beiden über Stunden immer wieder zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Als die Zeugin dann äußerte gehen zu wollen, habe er sie mit Gewalt davon abgehalten. Er habe die Frau auf das Bett geworfen, sich auf sie gesetzt, sie gewürgt und ein Kissen "über lange Zeit" auf das Gesicht gepresst, bis sie fast erstickt sei. Es habe dann einen Kampf über zehn Minuten stattgefunden. Nochmals sei die Zeugin gewürgt worden. Irgendwann habe sie sich befreien können und sei schreiend aus der Wohnung gestürzt. Dann habe sie die Polizei verständigt. Sie erstattete Anzeige wegen versuchter Vergewaltigung. Die Staatsanwaltschaft sah aber in der Tatschilderung der Zeugin keine versuchte Vergewaltigung, sondern eben nur eine gefährliche Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung.

Die Beweisaufnahme vor dem Amtsgericht Tiergarten

Die Zeugin berichtete vor Gericht konstant das, was sie bereits bei der Polizei ausgesagt hatte. Sie setzte auch hier vor Gericht hinzu, dass für sie klar gewesen sei, dass er sie vergewaltigen wollte. Sie habe gedacht, soll er mich doch vergewaltigen, Hauptsache ich kann wieder atmen. Der Ausgang des Verfahrens hing an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Mein Mandant hatte die Vorwürfe bestritten.

Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung

Die Staatsanwaltschaft nahm der Zeugin die Geschichte ab und forderte 9 Monate Freiheitsstrafe für den Angeklagten, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Die Verteidigung forderte Freispruch.

Freispruch für den Angeklagten

Das Amtsgericht folgte dem Antrag und der Begründung der Verteidigung. Die Aussage der Zeugin war zwar konstant. Sie war aber pauschal und detailarm. Sie konnte nicht erklären, wie sie versucht habe, sich zu wehren und was sich konkret bei dem Kampf ereignet haben soll. Kampfspuren fanden sich in der Studentenwohnung nicht. Insbesondere korrespondierten ihre Angaben nicht mit den Verletzungen. Es gab keine Würgemale am Hals, keine Einblutungen und nichts, was sonst auf Gewaltanwendung hindeutete. Nur einige unbedeutende "Knutschflecke" hatte die Nacht hinterlassen. Die andere Erlebniswelt der Zeugin blieb ungeklärt.


Freispruch vom Vorwurf der Unterschlagung

Unterschlagung, Porsche, Strafrecht, Rechtsanwalt, Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Anklage wegen Unterschlagung gescheitert

Es ging um die angebliche Unterschlagung eines Porsches (§ 246 StGB). Mein Mandant liebt große, schnelle und PS-starke Autos. Irgendwann leaste er deshalb einen Porsche Cayenne. Aber eines Tages blieben die Leasingraten aus und der Leasinggeber kündigte den Vertrag. Nur das Fahrzeug erhielt der Leasinggeber nicht zurück. Nach einem Rechtsstreit wegen Herausgabe kam der Lesinggeber aber auch nicht weiter, denn der Porsche war nicht auffindbar und der Mandant schwieg zum Verbleib des Fahrzeugs, bis es dann auf einem Grundstück des Mandanten aufgefunden und vom Leasinggeber sichergestellt wurde.

Anklage verstieß gegen § 200 StPO

Die Anklage entsprach hinsichtlich der Umgrenzungsfunktion nicht den Anforderungen des § 200 StPO. Der Anklagesatz sprach allgemein von von einem "Porsche Cayenne". Nicht einmal die Farbe des Fahrzeugs wies die Anklage aus. Eine genaue Bezeichnung durch Benennung des Kennzeichens oder der Fahrgestellnummer verschwieg der Anklagesatz. Solche Mängel stellen regelmäßig ein Prozesshindernis dar. Denn die fehlende Konkretisierung lässt offen, worüber das Gericht nach dem Willen der Anklagebehörde überhaupt urteilen und wogegen sich der Angeklagte verteidigen soll. Ein Fehler übrigens, der sich in den Staatsanwaltschaften in den letzten Jahren wie ein schleichender Virus eingenistet zu haben scheint. Denn wie hier oder auch hier nachzulesen ist, geschehen solche Fehler nicht selten.

Antrag auf Nichtzulassung der Verlesung der Anklage

Folglich stellte ich, wie in gleichgelagerten Fällen auch, hier den Antrag, die Verlesung der Anklage nicht zuzulassen und das Verfahren mit Prozessurteil gem. § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Dem folgte das Gericht nicht, weil es offensichtlich nicht wollte. Anders ist das jedenfalls nicht erklärbar.

Die kostenintensive Beweisaufnahme

Also ließ man aus dem Porsche-Center des schönen süddeutschen Raums an mehreren Prozesstagen mehrere Zeugen ins Gericht im schönen Brandenburger Land einfliegen. Alle hatten Dokumente über einen geleasten Porsche dabei, manche gaben Ausschluss über die Fahrgestellnummer, keines aber über das Kennzeichen. Und das Sicherstellungsprotokoll nahm Bezug zu einem Leasingvertrag, der nicht identisch war mit dem, der sich in der Akte befand. Auch wies das Sicherstellungsprotokoll nicht aus, wo das Fahrzeug sichergestellt wurde. Und überhaupt war nach der Anklage offen, über welchen konkreten Porsche überhaupt verhandelt werden sollte.

Die straflose Unterschlagung des Prozessurteils durch Freispruch

Ungerechtfertgt war sicher, dass das Gericht die Einstellung mit Prozessurteil unterschlug. Aber der Freispruch war für den Mandanten besser. Denn die Einstellung hätte nicht zum Klageverbrauch geführt.


Anklage wegen Urkundenunterdrückung gescheitert

Urkundenunterdrückung, Post, Strafrecht, Rechtsanwalt, Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Freispruch vom Vorwurf der Urkundenunterdrückung 

Meinem Mandanten warf die Staastanwaltschaft Urkundenunterdrückung von Postsendungen vor  (§ 274 StGB). Aus Briefkästen eines Mietshauses verschwanden Briefsendungen. Es ging zunächst um vorläufige Zahlungsverbote. Die Mieter sollten von einem Gläubiger veranlasst werden, die Miete nicht an den Vermieter zu zahlen. Anschließend wurden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt. Einige der Postsendungen kamen nicht an. Das hatte unangenehme Folgen für die Mieter, die nun auf Abgabe der Drittschuldnererklärung verklagt und verurteilt wurden. Auf den Verfahrenskosten blieben sie hängen.

Strafanzeige wegen Urkundenunterdrückung

Die Mieter taten sich zusammen und erstatteten Strafanzeige gegen unbekannt, denn niemand hatte gesehen, ob und wenn, wer Postsendungen aus den Briefkästen entnahm. Der Vermieter, mein Mandant, kam in Verdacht, der "Dieb" zu sein. Denn er war Schuldner in einem rechtskräftig abgeschlossenen Zivilverfahren und hatte scheinbar ein mögliches Motiv. Der Verdacht blieb dennoch vage. Der Verdächtige wurde angeklagt.

Anklage verstieß gegen § 200 StPO

Die Anklage entsprach hinsichtlich der Umgrenzungsfunktion nicht den Anforderungen des § 200 StPO. Der Anklagesatz sprach allgemein von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen und von vorläufigen Zahlungsverboten, die den Briefkästen entnommen worden seien. Eine genaue Bezeichnung der Schriftstücke verschwieg der Anklagesatz. Solche Mängel stellen regelmäßig ein Prozesshindernis dar. Denn die fehlende Konkretisierung lässt offen, worüber das Gericht nach dem Willen der Anklagebehörde überhaupt urteilen und wogegen sich der Angeklagte verteidigen soll.

Antrag auf Nichtzulassung der Verlesung der Anklage

Folglich stellte ich den Antrag, die Verlesung der Anklage nicht zuzulassen und das Verfahren mit Prozessurteil gem § 260 Abs. 3 StPO einzustellen. Dem folgte das Gericht nicht, weil es meinte, die Konkretisierung der Urkunden sei nicht erforderlich. Auch war der Richter über den Antrag einigermaßen verblüfft, weil er ihn offensichtlich nicht kannte. Aber solche Prozessurteile sind durchaus üblich, wie hier zu sehen ist. Also wurde 3 Tage verhandelt und 12 Zeugen gehört: Mieter, Gerichtsvollzieher und so manche Urkunde wurde verlesen.

Freispruch war unausweichlich

Das alles hätte sich das Gericht ersparen können, denn niemand wusste nach 4 Jahren mehr, welche konkreten Postsendungen die Mieter erreicht und welche sie nicht erreicht hatten. Und die Anklage hatte dazu eben auch nichts hergegeben. Also kam der Freispruch wie er kommen musste. Und besser ist der Freispruch immer. Denn die Einstellung mit Prozessurteil führt nicht zum Klageverbrauch.


Staatsanwalt wird Spucke sammeln zwecks DNA-Ermittlungen verboten

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Rechtsanwalt Oliver Marson

DNA und Speichelproben bei Sexualstraftaten

Den Ermittlungsbehörden ist es gestattet, bei einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung  einem Straftäter zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren Körperzellen zu entnehmen. Sie dürfen zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters sowie des Geschlechts molekulargenetisch untersucht werden. So besagt es die Gesetzesregelung des § 81g StPO.

Gesetzesregelung kein Freibrief für DNA - Ermittlungen

Die Praxis zeigt, dass Polizei und Staatsanwaltschaften nur zu gerne von Straftätern "Spucke sammeln". Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, dass dem das Messisyndrom zu Grunde liegt. Es kann sich für die Betroffenen aber lohnen, gegen solche Maßnahmen vorzgehen. Das zeigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle aus dem Sommer 2017, über die ich bereits hier berichtete.

Landgericht untersagt DNA - Ermittlungen

Nun kommt eine weitere Entscheidung des Landgerichts Cottbus hinzu, das im konkreten Fall die Abgabe von Speichelproben meines Mandanten mit Beschluss vom Oktober 2017 untersagte. In dem konkreten Fall war mein Mandant von einem Amtsgericht wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt worden. Anschließend forderte ihn die Staatsanwaltschaft zur freiwilligen Abgabe von Speichelproben auf. Da er das ablehnte erließ ein Amtsgericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen entsprechenden Beschluss. Dagegen wandte sich mein Mandant mit der sofortigen Beschwerde. Diese hatte Erfolg. Das Landgericht Cottbus folgte im Wesentlichen meiner Begründung und hob den Beschluss des Amtsgerichts auf. Die Argumentation des Gerichts ist hier nachzulesen.

Hinweis für Beschuldigte, Angeklagte und Verurteilte

Wenn Sie aufgefordert werden, der Abnahme von Körperzellen freiwillig zuzustimmen, empfehle ich, das zunächst abzulehnen. Denn die behördliche Bestimmung Ihres DNA-Identifizierungsmusters muss nicht zwingend gerchtfertigt sein. Sie sollten zunächst einen Rechtsanwalt konsultieren und die Erfolgsaussichten prüfen lassen. Wenn kein rechtskräftiges Urteil vorliegt, sollten Sie unter keinen Umständen freiwillig zustimmen! Denn das kann bei einem Gericht wie ein Geständnis "ankommen". Und so etwas gilt es vor allem dann zu verhindern, wenn Sie einen Freispruch anstreben.

 


Behinderter vor Strafvollstreckung bewahrt

Rechtsanwalt, Strafrecht, Strafvollstreckung, Behinderter
Rechtsanwalt Oliver Marson

Behinderter erhält Hilfe vom Kammergericht

Ich berichtete hier bereits über den Fall. Es geht um jenen Mandanten, der sich aus Scham für seine Sexualstraftaten in der JVA Berlin Moabit einen Hoden abschnitt und daran fast verblutete.

Deshalb blieb die Vollstreckung der Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten seit nunmehr 5 Jahren aus.  Das aber sollte sich nun nach dem Willen der Staatsanwaltschaft Berlin und des Landgerichts Berlin ändern. Weiterer Strafausschub sollte versagt werden. Beide wollten den Mandanten jetzt wegsperren. Das musste auf meinen unbeugsamen Widerstand stoßen.

Behinderter kein Fall für die Strafvollstreckung!

Wovon ist die Rede, wenn hier "Behinderter" steht: hüftabwärts gelähmt, sprachgestört, Spastiker. Der Mandant ist Rollstuhlfahrer, muss aber geschoben werden. Er braucht Hilfe bei der Körperpflege und Unterstützung beim Toilettengang. Selbstständig kann er nicht essen, denn ihm muss das Essen bissgerecht zubereitet werden. Zu den Therapien muss er gebracht werden. Alles Aufgaben übrigens, die die Mutter mit einem täglichen Aufwand von mind. 8 Stunden bewältigt. Die Nachtstunden nicht einmal berücksichtigt.

Knast nur über meine Anwaltsleiche

In meinem Beitrag vom 22. Juni 2017 hatte ich angekündigt: Strafvollstreckung ginge nur über meine Leiche, also gar nicht! Die sofortige Beschwerde zum Kammergericht Berlin war da noch im Diktat.

Behinderter hat mit sofortiger Beschwerde am Berliner Kammergericht Erfolg

Nun liegt der Beschluss des Kammergerichts Berlin vor. Aus den dort genannten Gründen muss mein Mandant vorerst nicht in das Gefängnis, auch nicht in ein Haftkrankenhaus.