Die Richterablehnung bei Befangenheit im Strafverfahren
Der Angeklagte hat die Möglichkeit, die Befangenheit des Richters zu rügen. Er kann einen Richter oder sogar alle Richter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen (§ 24 StPO). Dann wird ein Ablehnungsgesuch angebracht, auch bekannt unter der Bezeichnung Befangenheitsantrag.
Was bedeutet Befangenheit des Richters oder der Richter?
Was das bedeutet finden Sie in den nachfolgenden Zitaten aus der Rechtsprechung:
„Ein Ablehnungsgesuch ist begründet, wenn der Angeklagte bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhaltes Grund zur Annahme hat, der abgelehnte Richter nimmt ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der abgelehnte Richter im Grunde tatsächlich befangen ist. Die Befangenheit ist ein Zustand eines Richters, der seine vollkommen gerechte, von jeder falschen Rücksicht freie Einstellung zur Sache, seine Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten beeinträchtigen kann (BVerfGE 21, 146 = NJW 1967, 1123). Ein solcher Zustand kann in der Regel nicht mit hinreichender Sicherheit bewiesen werden.
Daher ist die Ablehnung schon begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Es ist also nicht erforderlich, daß der Richter in der Tat parteilich oder befangen ist. Ob der abgelehnte Richter sich selbst für unbefangen hält oder er für Zweifel an seiner Unbefangenheit Verständnis aufbringt, ist deshalb ebenso bedeutungslos (BVerfGE a.a.O.; BVerfGE 32, 288 (290)).
Es kommt entscheidend darauf an, ob der den Richter ablehnende Angeklagte bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlaß hat, an der Unvoreingenommenheit, d.h. an der objektiven und zu allen Verfahrensbeteiligten Distanz wahrenden Einstellung des abgelehnten Richters innerhalb des vorliegenden Verfahrens zu zweifeln (BVerfG E 32; 288 (290); BGHSt 24, 336 (338))“.
Praxis der Gerichte im Umgang mit Ablehnungsgesuchen
Die Rechtsprechung an den Strafgerichten bei der geltend gemachten Befangenheit des Richters ist restriktiv und richterschonend. Es ist leichter, einen Richter an einem Arbeitsgericht oder Zivilgericht aus dem Verfahren „zu kippen“ als an einem Strafgericht bei vergleichbarer Sachlage. Nicht selten werden auch willkürliche Entscheidungen herbeigeführt, wie etwa in einem Fall am Amtsgericht Uelzen in Niedersachsen. Ich habe darüber berichtet. Aber es gibt Grenzen, etwa, wenn ein Richter während der Hauptverhandlung schläft. Dann wird der Befangenheitsantrag auch Erfolg haben. Ein Praxisbeispiel finden Sie hier. Die Medien berichteten.
Nachteile für den Angeklagten bei erfolgloser Richterablehnung?
Dass sich aus einem missglückten Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit des Richters Nachteile für den Mandanten und Angeklagten ergeben, ist jedoch gerade unter Berücksichtigung meiner Praxiserfahrungen selten feststellbar. Das Instrument der Richterablehnung sollte vorsichtig und mit Bedacht genutzt werden. Es vergiftet in vielen Fällen auch bei erfolgloser Anwendung nicht die Verhandlungsatmosphäre. Oft diszipliniert es das Gericht, so dass der Befangenheitsantrag zu einem rechtsstaatlich fairen Strafprozess beiträgt.
Weitere Informationen
Zur Befangenheit des Staatsanwalts finden Sie hier weitere Informationen. Einen Artikel zur Einleitung des Strafverfahrens finden Sie hier. Wertvolle Tipps zum Verhalten im Hauptverfahren finden Sie unter dem Artikel Mit dem Strafprozessrecht zum Freispruch und den untergeordneten Seiten. Nähere Informationen dazu, wie die Beweiserhebung vor Gericht stattfindet, finden Sie auf dieser Seite.