Die Rechtsbeugung durch Richter in der Rechtspraxis

Der BGH hat auch in seinem Urteil vom 22.01.2014 (2 StR 479/13, BGHSt 59,144-150) zur Rechtsbeugung durch Richter und andere Beamte grundsätzlich Stellung bezogen. Danach macht sich ein Richter wegen Rechtsbeugung strafbar, wenn er bei der Entscheidung einer Rechtssache vorsätzlich das Recht falsch anwendet und dadurch einem Verfahrensbeteiligten zu Unrecht einen Vor- oder Nachteil verschafft. Tathandlung im Sinne von § 339 StGB ist eine Verletzung von Recht und Gesetz. Dies setzt eine Rechtsanwendung voraus, die im Ergebnis nicht vertretbar ist.

Keine Rechtsbeugung durch Richter

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll der Straftatbestand der Rechtsbeugung den Rechtsbruch als elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege unter Strafe stellen. Da die Einordnung der Rechtsbeugung als Verbrechenstatbestand die Schwere des Unwerturteils indiziert und eine Verurteilung kraft Gesetzes (§ 24 Abs. 1 DRiG) zur Beendigung des Richterverhältnisses führt, ist es mit dieser gesetzlichen Zweckbestimmung nicht zu vereinbaren, jede unrichtige Rechtsanwendung und jeden Ermessensfehler in den Schutzbereich dieser Norm einzubeziehen. Der Tatbestand der Rechtsbeugung bedarf deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit einer Einschränkung, als eine „Beugung des Rechts“ nicht schon durch jede (bedingt) vorsätzlich begangene Rechtsverletzung verwirklicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1995 – 5 StR 713/94; Urteil vom 4. September 2001 – 5 StR 92/01, BGHSt 47, 105, 109; BGH, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 4 StR 97/09 ; NStZ-RR 2010, 310).

Rechtsbeugung bei Willkürakt oder schwerwiegender Entfernung von Recht und Gesetz

Rechtsbeugung durch Richter begeht daher nur derjenige, der sich bewusst und in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt. Das Tatbestandsmerkmal der „Beugung“ enthält insoweit ein normatives Element, wonach nur elementare Rechtsverstöße und offensichtliche Willkürakte erfasst werden sollen (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 38, 381, 383; 40, 272, 283; 47, 105, 108 f.). Auf den Maßstab (bloßer) Unvertretbarkeit darf dabei schon im Interesse der Rechtssicherheit nicht abgestellt werden (BGHSt 47, 105, 109).

Eine Beugung des Rechts kann auch durch die Verletzung von Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften begangen werden und liegt etwa dann vor, wenn der entscheidende Richter aus sachfremden Erwägungen gegen Zuständigkeits- und Anhörungsvorschriften verstößt, um andere Beteiligte von der Mitwirkung am Verfahren auszuschließen, und er damit die konkrete Gefahr eines seinen Intentionen entsprechenden unrechtmäßigen Vor- oder Nachteils für eine Partei schafft, der bei Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften voraussichtlich nicht zu erreichen gewesen wäre (BGHSt 42, 343, 351; BGH, Beschluss vom 24. Juni 2009  1 StR 201/09).

Voraussetzung der Rechtsbeugung durch Richter ist also, dass er „bewusst in schwerwiegender Weise von Recht und Gesetz entfernt“ (vgl. BGH, Urteil vom 29. Oktober 1992 – 4 StR 353/92, BGHSt 38, 381, 383; Urteil vom 9. Mai 1994 – 5 StR 354/93, BGHSt 40, 169, 178; Urteil vom 6. Oktober 1994 – 4 StR 23/94; Urteil vom 5. Dezember 1996 – 1 StR 376/96, BGHSt 42, 343, 345; Urteil vom 21. August 1997 – 5 StR 652/96 ; Urteil vom 4. September 2001 – 5 StR 92/01, BGHSt 47, 105, 109; Urteil vom 11. April 2013 – 5 StR 261/12, NStZ 2013, 648, 651; Urteil vom 18. Juli 2013 – 4 StR 84/13; NStZ 2013, 655, 656).

FAZIT: Rechtsbeugung durch Richter ist selten. Eher ein Ausnahmefall. Die meisten Ermittlungsverfahren gegen Richter werden eingestellt.