Gesetzesverletzungen durch Richter des BGH bei Prüfung von Revisionen im Strafrecht? (Beitrag vom 11.03.2013)

Die Strafsenate prüfen Urteile der Landgerichte auf Rechtsfehler. Dabei geht es zumeist um schwere Verbrechensvorwürfe und um langjährige, auch um lebenslängliche Freiheitsstrafen.

Ein Strafsenat besteht aus 5 Richtern. Soll eine Revision ohne mündliche Verhandlung mit Beschluss verworfen werden, muss dazu ein begründeter Antrag der jeweiligen Revisionsstaatsanwaltschaft vorliegen. Das allein reicht aber nicht, denn außerdem müssen alle fünf Richter (Senatsmitglieder) den Revisionsfall geprüft haben und einstimmig zu der Auffassung gelangen, dass dem Antrag der Revisionsstaatsanwaltschaft zu folgen ist (Verwerfung der Revision).

Wie jüngst bekannt wurde (Fischer/Krehl in StV 2012,550 ff.), soll am BGH die Prüfung der Revisionen jedoch nicht mehr durch alle fünf Senatsmitglieder erfolgen, wenn es um Beschlussachen geht. Danach soll nur noch ein “4-Augen-Prinzip“ angewendet werden. Tatsächlich sollen nur noch der Vorsitzende und der Berichterstatter mit der Revisionsprüfung befasst sein, während die anderen Senatsmitglieder ohne eigen Prüfung dem Entscheidungsvorschlag mehr oder weniger blind folgen. Das aber impliziert das Unterlaufen des gesetzlich vorgeschriebenen “10-Augen-Prinzips“.

Appell des Deutschen Anwaltvereins rügt Praxis am BGH und sieht darin Gesetzesverstoß

Der Deutsche Anwaltsverein rügt diese Praxis in einem Appell vom März 2013 und sieht darin gravierende Grundgesetzverstöße. Die Gewährleistung des “10-Augen-Prinzips“ wird gefordert.

Die Teilnehmer des 37. Strafverteidigerstags in Freiburg haben sich diesem Appell am 10.03.2013 angeschlossen.

Der Appell ist hier nachzulesen


Freispruch mit der Revision am Kammergericht Berlin vom Vorwurf des Missbrauchs von Titeln

Freispruch mit der Revision am Kammergericht Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Rechtsanwalt erwirkt Freispruch mit der Revision am Kammergericht Berlin vom Vorwurf des Missbrauchs von Titeln

Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte meinen Mandanten wegen Titelmissbrauchs (§ 132a StGB) zu einer Geldstrafe. Er hatte im Patientenfragebogen beim Zahnarzt vor seinen Namen den “Dr.-Titel” gesetzt, obwohl er kein “Doktor” war.

Meine darauf hin eingelegte Revision (Sprungrevision) hatte Erfolg. Das Kammergericht Berlin hob mit Beschluss vom 11. Februar 2012 das Urteil des Amtsgerichts auf und sprach meinen Mandanten zugleich frei.

Diese obergerichtliche Rechtsprechung um die “Doktorhüte” ist zwar ein alter rechtlicher Hut. Aber zutreffend. Verwunderlich ist nur, dass sie das Amtsgericht nicht anwandte.


Kritischer Blick des Rechtsanwalts auf die Strafvollstreckung am Beispiel der Versagung des offenen Vollzugs (Beitrag vom 05.10.2012)

Wenn Verurteilte zum Strafantritt ihrer Freiheitsstrafe geladen werden, gab das Strafvollzugsgesetz (StVollzG) in § 10 dem offenen Vollzug den Vorrang vor dem geschlossenen Vollzug:

So schreibt das Strafvollzugsgesetz in § 10 StVollzG vor, dass ein Gefangener im offenen Vollzug untergebracht wird, wenn keine Befürchtung besteht, dass der Gefangene entweichen oder die besonderen Möglichkeiten missbrauchen würde.

Der offene Vollzug soll nach dem im StVollzG zum Ausdruck kommenden Willen des Bundesgesetzgebers die Regelvollzugsform sein.

Dieser Wille ist aber in vielen Bundesländern auch eher Willensbekundung geblieben. Eine bundesweite justizpolitische Gegenwehr gegen den offenen Vollzug hat Früchte getragen. Hessen ist dabei einer der Vorreiter, das Bundesland schaffte allein zwischen 2002 und 2006 die Hälfte der Gefangenen im offenen Vollzug ab.

Das wiegt um so schwerer, als die Anzahl der Justizvollzugsanstalten des geschlossenen Vollzugs in der Bundesrepublik insgesamt schon immer wesentlich höher war als die des offenen Vollzugs. Wikipedia nennt dazu konkreteZahlen.

Im Jahre 2006 wurde die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug auf die Länder übertragen. Sie haben sich nun weitgehend eigene Vollzugsgesetze geschaffen. So etwa Hessen, das den offenen Vollzug weiter geknebelt hat. Denn hier kann offener Vollzug nur dann noch angeordnet werden, wenn – neben den üblichen Sicherheitsvoraussetzungen – die zu verbüßende Freiheitsstrafe nicht über zwei Jahre hinausgeht.

Das bekam ein Mandant von mir zu spüren, der vor ca. 7 Jahren erstmalig straffällig wurde, danach nicht mehr straffällig war und nun eine Freiheitsstrafe von über drei Jahren im geschlossenen Vollzug einer Justizvollzugsanstalt Hessens verbüßen sollte.

Das OLG Frankfurt/Main wies seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit der er den Vollzug im offenen Vollzug ab Strafantritt anstrebte, nun mit der hier nachzulesenden Begründung zurück.

Der Mandant hat in den Jahren nach den Straftaten geheiratet, ist Vater von drei Kindern geworden und geht einer Volltagsbeschäftigung nach. Er ist Hausmann und kümmert sich um die Kinder, während seine Frau als Ärztin im Dreischichtsystem den Familienunterhalt sichert. Er hat sich selbst resozialisiert, es bediurfte dafür nicht des (geschlossenen) Strafvollzugs, die gerade dieses Ziel verfolgen sollte.

Die hier veröffentlichte Entscheidung des OLG Frankfurt/M ist nicht zu beanstanden. Die Richter konnten nicht anders entscheiden, das hessische Landesrecht ließ ihnen keine Möglichkeit zu einer formaljuristischen Entscheidung, die den dahinter stehenden Menschen unbeachtet lassen musste, weil es der Landesgestzgebber so will. Und wenn es nach dem Hessischen Gestzgeber gegangen wäre, weäre eine Familie auseinandergerissen worden.

Ich stelle daher – eher rhetorisch – die Frage in den Raum, ob solche Regelungen wie in Hessen, die offenen Vollzug bei Freiheitsstrafen von über zwei Jahren ohne jede Einzelfallprüfung ausschließen, wünschenswert sein önnen?

Wohl kaum. Die Bundesrepublik kann noch vieles tun, um zu einem liberaleren Strafrecht zu kommen. So wären nach meiner Vorstellung Gesetzesänderungen auch dahingend zeitgemäß, die zB. Bewährung bei Freiheitsstrafen weit über der jetzigen Grenze von zwei Jahren zulassen. In dubio pro Liberta.

Übrigens: der Mandant wird die Freiheitsstrafe nun doch im offenen Vollzug verbüßen. Republikflucht machte es möglich. Umzug aus Hessen nach Berlin. Denn Berlin hat die Möglichkeit des offenen Vollzugs unabhängig von der Höhe der Freiheisstrafe.

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Kein Sexueller Missbrauch von Jugendlichen, keine Beleidigung – Anwalt erwirkt die Einstellung des Verfahrens gem. § 153 StPO

Anwalt erwirkt die Einstellung des Verfahrens gem. § 153 StPO
Rechtsanwalt Oliver Marson

Anwalt erwirkt die Einstellung des Verfahrens gem. § 153 StPO - Kein Sexueller Missbrauch von Jugendlichen, keine Beleidigung

Der Vater eines 15-jährigen jungen Mannes fand auf dessen Handy Liebeserklärungen und Wünsche zu sexuellen Kontakten mit einem ca. 40 Jahre alten Mann. Der Sohn wird zur Rede gestellt. Wohl aus Scham gegenüber dem Vater erklärt er, der Mann habe gegen seinen Willen mehrfach sexuelle Handlungen an ihm vorgenommen. Darauf hin erstattete der Vater Strafanzeige wegen sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen gegen meinen Mandanten . Der Anwalt erwirkt die Einstellung des Verfahrens gem. § 153 StPO.

Auch bei seiner Zeugenaussage blieb der junge Mann dabei, dass mein Mandant an ihm gegen seinen Willen mehrfach sexuelle Handlungen vorgenommen habe. Mein Mandant schwieg zu den Vorwürfen.

Eine überraschende Anklage der Staatsanwaltschaft Augsburg

Er wurde zu seiner Überraschung nicht wegen sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen gem. § 182 StGB angeklagt. Die Überraschung wich der Erkenntnis, dass wohl auch die Staatsanwaltschaft allein schon aus den SMS des jungen Mannes an den Mandanten erkannte, wonach er im Tatzeitraum über die erforderliche Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung (sexuelle Reife) verfügte. Eine Straftat und Anklage wegen sexuellen Missbrauchs kam somit nicht in Betracht.

Also “versuchte” es die Staatsanwaltschaft über die Beleidigung (§ 185 StGB). Die läge vor, da der Mandant durch die sexuellen Handlungen seine Missachtung gegenüber dem Jugendlichen zum Ausdruck gebracht habe.

Das Hauptverfahren wurde eröffnet. Vor dem Amtsgericht Landsberg am Lech verlas ich als Strafverteidger zu Beginn der Hauptverhandlung eine Einlassung, die sich hauptsächlich mit der Rechtsprechung auseinandersetze. Danach geht der BGH seit Jahrzehnten davon aus, dass der Straftatbestand der Beleidigung kein Auffangtatbestand für sexuelle Handlungen sei. Außerdem komme hinzu, dass eine sexuelle Handlung für sich allein keine Missachtung oder Ehrverletzung darstellen könne. (BGH, 3. Strafsenat, 15.03.1989, 2 StR 662/88).
Diese Rechtsprechung findet seine Fortsetzung bis in die Gegenwart. So hat das AG Lübeck 2011 einen Mann vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen, der eine ihm attraktiv erscheinende Frau mit zuvor in einem Reagenzglas abgefüllten Sperma in einem Supermarkt begoss (AG Lübeck, 08.06.2011, 61 Ds 61/11, 61 Ds 746 Js 13196/11(61/11)).

Der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft räumte nach Verlesung der Verteidigereinlassung ein, dass mit der vorliegenden Anklage vielleicht ein “juristischer Bock” geschossen worden sein könnte.

Man einigte sich darauf, das Verfahren einzustellen (§ 153 StPO). Die Kosten und notwendigen Auslagen des Mandanten hat die Justizkasse zu tragen.

Niemand hatte wohl “Bock” darauf, dass die Sache wirklich der Beweisaufnahme unterzogen und der Prozess in den umliegenden kleinen Ortschaften zum Strassenthema würde. Ob es jemals zu sexuellen Kontakten zwischen dem Mandanten und dem jungen Mann kam weiß außer ihnen niemand. Und das ist gut so.

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Schwerer sexueller Missbrauch an Kindern – Landgericht sieht verminderte Schuldfähigkeit wegen Pädophilie und Medikamentenmissbrauchs

verminderte Schuldfähigkeit wegen Pädophilie und Medikamentenmissbrauchs, Rechtsanwalt, Strafrecht, Berlin
Rechtsanwalt Oliver Marson

Landgericht: verminderte Schuldfähigkeit wegen Pädophilie und Medikamentenmissbrauchs

In dem Strafverfahren vor dem Landgericht Berlin hatte der Mandant ein umfassendes Geständnis zum Prozessauftakt abgelegt. Deshalb war die weitere Beweiserhebung nur in einem minimalen Umfang erforderlich.

Probleme gab es um die Rechtsfrage der Anwendung des § 21 StGB, also der verminderten Schuldfähigkeit in der Alternative der verminderen Steuerungsfähigkeit. Ein Psychiater hatte das Gutachten erstattet und war zu dem Ergebnis gekommen, die Steuerungsfähigkeit des Mandanten sei zum Tatzeitpunkt in vollem Umfange erhalten gewesen.

Aus Sicht der Verteidigung war dieses Ergebnis nicht haltbar, weil der Mandant zu den jeweiligen Tatzeitpunkten unter Einwirkung eines starken Medikaments stand, dass die Entscheidungsfindung beeinflussen kann. Die Auswirkung dieses Medikaments (Nebenwirkungen) kannte der Gutachter offensichtlich nicht und machte es folglich auch nicht zum Gegenstand seiner Begutachtung.

Deshalb verlangte ich mit einem Hilfsbeweisantrag unmittelbar vor den Plädoyers und einen Tag vor der Urteilsverkündung die Einholung eine weiteren Sachverständigengutachtens. Und zwar für den Fall, dass das Gericht wie der Gutachter die Voraussetzungen der Anwendung des § 21 StGB zu verneinen beabsichtigt.

Der hier veröffentlichte Hilfsbeweisantrag stützt sich auf die fehlende Sachkunde des Gutachters im Bereich der klinischen Pharmakologie und rügte Widersprüche der Begutachtung.

Das Gericht folgte daraufhin nicht dem Gutachter und schloss sich der Auffassung der Verteidigung an. Folge des Antrags: Landgericht sieht verminderte Schuldfähigkeit wegen Pädophilie und Medikamentenmissbrauchs. Somit war die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht mehr erforderlich.

Folge der Anwendung des § 21 StGB war, dass das mit Urteil vom 10. Mai 2012 verhängte Strafmaß mit nur 3 Jahren und 3 Monaten Freiheitsstrafe wesentlich niedriger als in vergleichbaren Fällen und von der Staatsanwaltschaft gefordert (5 Jahre Freiheitsstrafe) ausfiel.

Das Urteil ist rechtskräftig und kann hier eingesehen weden.

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Presseerklärung zu dem am 19.04.2012 begonnenen Strafprozess vor der 39. großen Strafkammer des Landgerichts Berlin wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern

Meinem Mandanten wird im wesentlichen vorgeworfen, drei Jungen im Alter von neun, acht und fünf Jahren sexuell missbraucht zu haben.

Der Mandant leidet unter Pädophilie. Sie ist naturgegeben und nicht heilbar.

Zum heutigen Prozessauftakt ließ mein Mandant ein umfassendes Geständnis verlesen, das nachfolgend in Auszügen wiedergegeben wird:

“1. Ich räume die Straftatvorwürfe der Staatsanwaltschaft Berlin, die mir mit der Anklageschrift vom 9. Juni 2011 zur Last gelegt werden, in vollem Umfang ein.

…………………….

Die sexuellen Übergriffe ereigneten sich während meiner Dienstausübung auf der Kinderintensivstation des … Klinikums Berlin-Buch. Ich war dort als gelernter Kinderkrankenpfleger tätig. Die Kinder waren mir zur Pflege anvertraut worden.

……………………

2. Ich nutze die Gelegenheit, mich öffentlich in diesem Strafprozess gegenüber den Kindern… sowie gegenüber ihren Eltern und Angehörigen für mein Handeln zu entschuldigen. Vor allem wünsche ich den Kindern von ganzem Herzen, dass sie durch meine Missbrauchshandlungen keine dauerhaften Schäden davontragen.

Ich bin über meine Missbrauchshandlungen im höchsten Maße beschämt und bereue sie zutiefst.

Mir war lange schon vor den Taten bewusst, dass ich pädophil veranlagt bin. Damit konnte ich nicht umgehen, diese Neigung belastete mich über Jahre schwer und ich habe keinen Ausweg gesehen. Deshalb unternahm ich nach meiner Festnahme mehrere Selbstmordversuche. Ich wollte mit dieser Belastung nicht mehr leben. Vorher wollte ich mich selbst bestrafen, deshalb trennte ich mir dabei auch meinen Hoden ab. Nur die unerträglichen Schmerzen und der Kraftverlust verhinderten, dass ich nicht auch noch den zweiten abtrennte.

Ich wusste, dass man Menschen wie mir die pädophile Neigung nicht vorwerfen kann. Sie ist naturgegeben und nicht heilbar. Und doch wusste ich um sexualtherapeutische Behandlungsmöglichkeiten.

Für mich gab es damals aber zwei Probleme, weshalb ich dennoch keine Hilfe in Anspruch nahm, bevor es zu spät war:

Es war zum einen die nackte Angst, sich “outen” zu müssen. Aus der Beschäftigung mit der Problemstellung wusste ich, dass viele Menschen kein Verständnis für von Pädophilie Betroffene haben. Ich hatte Angst, meine Akzeptanz unter Kollegen, Freunden und in der Verwandtschaft zu verlieren. Der erst jüngst geschehene Fall in Emden, als die Bevölkerung einen vermeintlichen Täter lynchen wollte und dessen Auslieferung vor einem Polizeirevier forderte, belegt und belebt exemplarisch solche Ängste.

Zum anderen aber war es meine völlige Selbstüberschätzung, in der ich annahm, ich könnte trotz der für mich deutlich spürbaren pädophilen Neigung jederzeit sexuellen Kontakten mit Kindern widerstehen. Eine andere Denkweise passte nicht in die Vorstellung, die ich von mir selbst hatte. Denn meinen Beruf als Kinderkrankenpfleger hatte ich ergriffen, weil ich Kindern helfen wollte, nicht, um ihnen jemals zu schaden. Auch gerade wegen dieser Selbstüberschätzung nahm ich letztlich keine medizinische Hilfe in Anspruch.

Diese Denkweise habe ich aufgegeben. Seit September 2011 nehme ich einmal wöchentlich sexual- und psychotherapeutische Hilfe in einer Einzeltherapie in Anspruch. Mein Ziel ist es, eine Verhaltenskontrolle zu erreichen, damit aus der nicht vorwerfbaren pädophilen Neigung zukünftig keine vorwerfbaren Straftaten werden. Daran arbeite ich konsequent.

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4. Zum Abschluss meiner Ausführungen möchte ich nicht versäumen, mich bei all denjenigen zu bedanken, die mir als Ärzte, Therapeuten und Pfleger nach meinem Selbstmordversuch zur Seite standen und zur Seite stehen, die mich wieder ins Leben zurückgeführt und mir Mut gemacht haben. Ausdrücklich erwähnen möchte ich auch meine …kranke Mutter, die meine Pflege übernommen hat und meinen Großvater, der mich mit dem Auto transportiert, damit ich die Sexualtherapie wahrnehmen kann. Auch meinen Bruder …will ich hier erwähnen. All diese Zuwendung werde ich versuchen zurückzugeben, in dem ich alles dafür tue, dass solche Taten nie wieder geschehen werden. Ich schäme mich meines Verhaltens auch gerade deswegen in besonderer Weise, weil ich mich beruflich der Tradition in der Familie folgend, nämlich der Pflege von Kranken, mit ganzem Herzen gewidmet hatte.

Ich bin mir auch dessen bewusst, dass dieser Strafprozess mit einer Strafe enden wird. Diese Strafe werde ich auch annehmen. Sie wird mir eine Lehre sein und das Ende des Strafprozesses soll für mich der Neubeginn eines besseren Lebens sein.”

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Verfahrenseinstellung wegen Verfolgungsverjährung bei Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern

Verfahrenseinstellung wegen Verfolgungsverjährung
Rechtsanwalt Oliver Marson

Anwalt erwirkt bei Staatsanwaltschaft Verfahrenseinstellung wegen Verfolgungsverjährung

Am 10. März 2011 wurde eine Straftat angezeigt, bei der es im Zeitraum zwischen 1993 und 1994 zu mehreren schweren sexuellen Missbrauchsfällen an einem damals zwölfjährigen Kind gekommen sein soll.

Zwei Berliner Staatsanwältinnen stritten um die Frage, wer von ihnen denn nun eigentlich für die Sachbearbeitung zuständig sei. Irgendwie einigten sie sich auf diesem juristischen Nebenkriegsschauplatz auf eine von beiden.

So begannen die umfangreichen Ermittlungen, die sich insbesondere durch aufwendige Zeugenvernehmungen auszeichneten, auch außerhalb der Bundeshauptstadt geführt wurden und ein ganzes Jahr andauerten.

Nachdem der Beschuldigte mich als Verteidiger beauftragt hatte und ich die Akte einsehen konnte, stellte sich schnell heraus, dass der ganze Ermittlungsaufwand für die Katz war. Es konnte nämlich dahingestellt bleiben, ob die Straftaten begangen wurden oder nicht.

Die Lösung des Falles lag in der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung, so dass ich beantragte, das Ermittlungsverfahren einzustellen.

Daraufhin stellte die Staatsanwaltschaft Berlin das Ermittlungsverfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO zwangsläufig ein, wie sie mir mit Bescheid vom 03. April 2012 mitteilte.

Hätte die Staatsanwaltschaft unmittelbar nach Anzeigenerstattung die Verjährung ordnungsgemäß geprüft, wäre es gar nicht erst zu Ermittlungen gekommen. Es bestätigt sich die alte Volksweisheit: niemand ist unfehlbar. Außer vielleicht Strafverteidiger, aber Letzteres steht auf ganz dünnen Füßen… .


Sehnsucht nach einem Kachelmann-Prozess wider die Langeweile

Irgendwie bin ich heute angelangweilt aus der Hauptverhandlung gekommen. Da sollte eigentlich eine Berufungsverhandlung stattfinden. Das war der dritte, heute gescheiterte Versuch. Berufungsführer ist der Angeklagte, der wegen Körperverletzung verurteilt worden war. Er kam heute das dritte Mal nicht zum Termin. Beim ersten Mal hinderte ihn ein Verkehrsunfall. Das zweite Mal seine geschiedene Ehefrau, die ihn sitzen ließ und eben nicht das gemeinsame Baby beaufsichtigte, damit er mal flugs beim Berufungsgericht vorbeischauen konnte. Und heute eine ärztlich attestierte schwerwiegende Krankheit mit drohenden Dauerfolgen.

Als sein Strafverteidiger erklärte ich, nicht als sein Vertreter aufzutreten und beantragte die Aufhebung des Termins. Der Staatsanwalt beantragte die Verwerfung der Berufung, das Attest belege keine Verhandlungsunfähigkeit. Das Gericht war angesäuert. Nach einem Disput über Verhandlungsunfähigkeit oder Berufungsverwerfung folgte das Gericht dann doch meinem Antrag. Ich hatte eine solche Sache schon einmal erfolgreich durch die Revision gebracht und konnte den Beschluss des Kammergerichts Berlin vorlegen. Das Gericht wusste sehr wohl, dass es nicht verwerfen durfte. Dennoch fühlte ich mich – mal wieder und bis zur Präsentation des Kammergerichtsbeschlusses – bedrängt, die Berufung zurückzunehmen. Immer mal wieder die selbe langweilige Masche.

Auch Langeweile erzeugt, was ich in der Politik täglich höre, wonach die Finanzkrise gefährlich sei, die Regierung sie löse, aber eben nicht löst. Im ARD stellt Sonntags neuerdings ein als Spielemoderator bekannter Mann im Anzug hochkarätigen Politikern und solchen, die sich dafür halten, Fragen, die der Spielemax vom Zettel abliest und schon dadurch den Eindruck vermittelt, sie selbst nicht zu verstehen. Wenn dann doch mal eine gescheite Antwort mich als gelegentlicher Zuschauer vom Dahindösen aufrüttelt, geht Spielemax darauf nicht ein und setzt den ermüdenden Antwort-Frage-Monolog bis zum bitteren Sendungsende fort.

Ach, Liebe Leser, was waren das noch für Zeiten, als der Kachelmann-Prozess noch lief. Erinnert ihr Euch noch, wenn ihr Namen hört wie Oltrogge oder Alice Schwarzer? Was haben die uns für einen Spaß bereitet! Das waren noch Zeiten. Und wer will es mir da verdenken, wenn ich mir den ein wenig zurücksehne.

Natürlich nicht wirklich , hänge ich vorsorglich mal noch für diejenigen an, die die Ironie nicht mögen: dem Kachelmann wünsche ich natürlich nicht wirklich eine Neuauflage des Prozesses. Und Alischen gönne ich nicht wirklich wieder einen Auftritt auf einer Bühne wie er nicht Schwarzer sein kann, mag er auch auf noch so niedriger Stufe stehen.


Privilegien eines Bundespräsidenten bei gerichtlicher Vernehmung und unprivilegierte Medien (Beitrag vom 06.01.2012)

Wenn Bürger Meyer zwecks Vernehmung in die gerichtliche Hauptverhandlung geladen wird, hat er sich dazu auch im Gericht einzufinden (§48 StPO). Kommt er unentschuldigt nicht, geht es ihm mit Ordnungsgeld oder Ordnungshaft an den Kragen (§51 StPO).

Hingegen genießt der Bundespräsident ein gesetzliches Privileg. Er wird überhaupt nicht geladen. Ihn hat das Gericht zu Hause aufzusuchen und in seiner Wohnung zu vernehmen (§49 StPO). Sodann ist die protokollierte Vernehmung in der Hauptverhandlung zu verlesen.

Ganz anders ARD und ZDF. Die haben den Bundespräsidenten einfach mal ganz unprivilegiert in ein großes Studio geladen. Vernommen wurde er dann ganz unprivilegiert von zu solchen Dingen nicht berufenen Journalisten.

Es ist wohl eine übelriechende Diktatur der Medien, mit Pressefreiheit hat das jedenfalls nichts zu tun. Oder was?


Dienstaufsichtsbeschwerde des Strafverteidigers gegen Staatsanwalt hat Zweck erfüllt (Beitrag vom 30.11.11)

Wegen Nichtgewährung einer vollständigen Akteneinsicht und dadurch bedingter Behinderung einer effektiven Strafverteidigung hatte ich mich für eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Staatsanwalt entschieden. Ich berichtete.

Nun liegt mir die Entscheidung des Leiters der Staatsanwaltschaft vor. Zwar sehe er keine Veranlassung zu disziplinarischen Maßnahmen. Die Zusammenstellung der bisher nicht vorgelegten Akten nehme wegen der knappen Personalresourcen eben Zeit in Anspruch. Aber er habe auch Verständnis für die Belange des Strafverteidigers, der eine effektive Strafverteidigung im Blick haben müsse. Deshalb seien nun die Akten vom LKA zwecks Übersendung an mich als Strafverteidiger angefordert worden.

Und die Lehre aus der Geschichte: nicht immer muss eine Dienstaufsichtsbeschwerde fruchtlos bleiben. Erst recht dann nicht, wenn gleichzeitig mit der geballten und schlagkräftigen Massenwirksamkeit bei Jurablogs auf Misstände hingewiesen wird.