II. I. Instanz nach Urteilsaufhebung in Kindstötungsprozess beginnt

Rechtsanwalt, Strafrecht, Instanz, Totschlag, Revision
Ihr Rechtsanwalt und Strafverteidiger bei Tötungsdelikten

II. I. Instanz am Landgericht Berlin

Ein Kindstötungsprozess am Landgericht Berlin wird seit heute neu verhandelt. Die 29. große Strafkammer hatte  unter dem Vorsitzenden Miczaijka meine Mandantin wegen Totschlags ihres Neugeborenen  zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ihr wurde vorgeworfen, das Kind unmittelbar nach der Geburt erstickt zu haben (Neonatizid). Die Verurteilung beruhte ausschließlich auf einem angeblichen Geständnis, das die Kriminalbeamten der Mandantin bei einer nächtlichen Beschuldigtenvernehmung am Krankenbett unter skurrilen Umständen abtrotzten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie über 38 Stunden nicht geschlafen und stand unter dem Einfluss schlaffördernder Medikamente. Sie wurde förmlich drangsaliert bis man das hörte, was man hören wollte. Der am ersten Hauptverhandlungstag auf § 136a StPO gestützte Verwertungswiderspruch der Beschuldigtenvernehmung bzw. der Zeugenaussagen der Vernehmungsbeamten ging ins Leere. Die Strafkammer sah nach 38 Stunden Schlaflosigkeit keine Übermüdung.

Urteilsaufhebung wegen Verstoßes gegen Verwertungsverbot

Die auf die Verletzung des § 136a StPO gestützte Revision hatte Erfolg. Das Urteil wurde aufgehoben. Ich berichtete.

Das Ziel der Verteidigung in der II. I. Instanz

Die Angeklagte strebt weiterhin einen Freispruch an. Dass das Kind unmittelbar  nach der Geburt durch Ersticken zu Tode kam wird insoweit nicht streitig sein. Dagegen wird Beweis darüber zu erheben sein, ob eine Fremdeinwirkung - wie von der Staatsanwaltschaft behauptet - nach der Beweislage überhaupt ursächlich sein kann. Alternative Ursachen des Todeseintritts werden Gegenstand der Beweisaufnahme sein.


Haftbefehl wegen schweren sexuellen Missbrauchs aufgehoben

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Ihr Rechtsanwalt und Strafverteidiger bei Untersuchungshaft

Der Haftbefehl und die Sache mit dem Tatverdacht

Gegen einen Mandanten wurde vor 16 Monaten Haftbefehl erlassen. Der Vorwurf: Verstoß gegen die Führungsaufsicht gem. § 145a StGB in 98 Fällen. Er wurde inhaftiert. Es gelang zunächs, der Justiz einen Haftverschonungsbeschluss abzuringen. Ich berichtete über die Querelen. Dann kam die Beschwerde der Staatsanwaltschaft und ein zweiter Vorwurf: schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes und Besitz kinderpornographischer Schriften. Der Mandant wurde wieder in Untersuchungshaft genommen.

Haftbefehl blieb auch nach Überprüfung durch Kammergericht bestehen

Das Kammergericht Berlin prüfte mehrfach die Haftverhältnisse. Der Haftbefehl blieb.

Haftbefehl und Haft auch nach Urteil des Landgerichts Berlin

Die mit den beiden Anklagen erhobenen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs, des Besitzes kinderpornographischer Schriften und des Verstoßes gegen die Führungsaufsicht bestätigten sich in der Hauptverhandlung nach meiner Auffassung nicht. Meinem Antrag auf Freispruch folgte das Landgericht nicht. Der Mandant wurde zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Haftprüfung nach erfolgreicher Revision zum BGH

Der 5. Strafsenat des BGH folgte unserer Revision und hob das Urteil mit Beschluss vom 19. August2015 auf. Ich berichtete hier, hier und hier. Es sollte 4 Wochen dauern, bis mir der Beschluss zuging. Einen Tag später stellte ich Haftprüfungsantrag. Das Landgericht kannte den Beschluss noch gar nicht. Als es ihn dann (durch den Verteidiger) kannte, vergingen wieder 8 Tage, denn die Strafakten waren noch immer nicht vom BGH zurück. Dann kam es endlich zur mündlichen Haftprüfung.

Haftbefehl mangels dringendem Tatverdachts aufgehoben

Das Landgericht hob Anfang Oktober den Haftbefehl endlich auf. Es ermangele hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs und des Besitzes kinderpornographischer Schriften an einem dringendem Tatverdacht, allenfalls sei von einem hinreichendem Tatverdacht auszugehen. Was den Verstoß gegen die Führungsaufsicht betrifft, so sei ein Freispruch aus Rechtsgründen zu erwarten. Die Staatsanwaltschaft Berlin ging in Beschwerde. Mit ihrem Antrag auf Vollzugshemmung scheiterte sie. Der Mandant ist seit 02. Oktober nach 16 Monaten Untersuchungshaft wieder in Freiheit.


BGH - kein Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht feststellbar

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Ihr Rechtsanwalt und Strafverteidiger beim Vorwurf von

Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht

Der Verstoß gegen Weisungen nach § 68b StGB ist  gem. § 145a StGB strafbar und wird mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet.

Verstoß gegen Weisungen aus Sicht des Landgerichts

Mein Mandant war nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe angewiesen worden, "sich nicht an Orten aufzuhalten, die ihm die unkontrollierte Kontaktaufnahme zu Kindern ermöglichen, keine Kinder zu beaufsichtigen oder zu beherbergen". An diese Weisung hielt er sich nicht. Nach der Haftentlassung betreute der studierte Sozialpädagoge, weil er sonst keine Arbeit hatte, im privaten Auftrag von Eltern Kinder. Das Landgericht Berlin sah den Verstoß gegen Weisungen durch meinen Mandanten in 41 Fällen als erwiesen an.

Verstoß gegen Weisungen aus Sicht der Revision und des BGH

Was das Landgericht verkannte war, dass § 68b Abs. 2 StGB im Unterschied zu Abs. 1  auch nicht strafbewehrte Weisungen zulässt. Der Beschluss selbst muss daher klar stellen, dass die jeweilige Weisung eine strafbewehrte Weisung ist. Da der Beschluss mit der hier relevanten Weisung aber nicht vollständig dem Urteil zu Grunde gelegt wurde, ist die Entscheidung insoweit nicht revisibel. Folglich hob der BGH das Urteil mit Beschluss vom 19. August 2015 auf. Die Sache wird neu verhandelt. Über das Ergebnis werde ich berichten.

 

 


BGH - Besitz kinderpornographischer Schriften nicht strafbar 

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Ihr Rechtsanwalt und Strafverteidiger beim Vorwurf von

Kein strafbarer Besitz kinderpornographischer Schriften

Der Besitz kinderpornographischer Schriften sei im Falle meines Mandanten strafbar. Das meinte jedenfalls das Landgericht Berlin und verurteilte ihn im Frühjahr 2015. In meiner Revision für den Angeklagten war ich anderer Meinung. Der schloss sich schließlich auch der Bundesgerichtshof an. Denn nicht immer muss der Besitz kinderpornographischer strafbar sein.

Die Urteilsfeststellungen des Landgerichts

Das Gericht stellte fest, dass mein Mandant durch ein anderes Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt worden war. Die Strafe hatte der Verurteilte auch vollständig absitzen müssen. Noch während seiner Untersuchungshaft übersandte ihm der damalige Strafverteidiger im Jahre 2004 die Prozessakten. Darunter befand sich ein Leitzordner mit der Aufschrift "Verfahrensakten". Darin befanden sich Hunderte kinderpornographische Fotos. Diese verwahrte die Justizvollzugsanstalt in der "Habe" des Verurteilten.

Justizvollzugsbeamte verbreiten kinderpornographische Schriften

Bei seiner Entlassung 2010 händigten ihm  Justizvollzugsbeamten die "Habe" aus. Ich berichtete bereits darüber wie Justizvollzugsbeamte auf diese Weise an der Verbreitung kinderpornographischer Schriften beteiligt waren. Sie bestand aus sechs Umzugskartons. Darin befand sich auch der Ordner mit den kinderpornographischen Fotos. Zu Hause angekommen verstaute der nun wieder auf freiem Fuß befindliche Mann seine "Habe" in der Wohnung. Dort, wo eben Platz war in dem kleinen privaten Domizil kam das Zeug hin. Auch der inkriminierte Leitzordner fand irgendwo seinen Platz. Die alten Verfahrensakten habe der Mandant, wie er später vor dem Landgericht Berlin aussagte, nie wieder angesehen,  "wozu auch".

Der große Fund der Polizei

Als weitere 4 Jahre später eine Hausdurchsuchung wegen eines anderen Tatverdachts stattfindet, findet man dazu nichts. Was die Polizei aber findet ist der Leitzordner mit den Kinderpornos. Für die Polizei und später auch mit ihr war das Gericht in unkritischer Selbstwürdigung der Auffassung: das ist Besitz kinderpornographischer Schriften!

Mangels Vorsatzes kein strafbarer Besitz kinderpornographischer Schriften

Der BGH folgte der Auffassung der Revision in seinem Beschluss vom 19. August 2015, der hier auszugsweise nachzulesen ist. Es ermangelt unter diesen Umständen schlicht und ergreifend am Vorsatz. Denn es liegt auf der Hand, dass man wissen muss, etwas strafbares zu besitzen. Warun das Landgericht das nicht sah bleibt ein Rätsel. Der fehlende Vorsatz war auch Gegenstand meines Plädoyers.

Soweit das Urteil auch wegen des Schuldspruchs zum sexuellen Missbrauch augehgehoben wurde, ist in diesem Beitrag nachzulesen. Ein weiterer Beitrag, warum auch die Urteilsaufhebung wegen Verstoß gegen die Führungsaufsicht erfolgte, findet sich hier.

 

 

 


BGH - Kuss auf den Mund kein sexueller Missbrauch

Rechtsanwalt,Kuss auf den Mund, sexueller Missbrauch eines Kindes, Sexualstrafrecht
Ihr Rechtsanwalt bei Sexualstraftaten

Der Kuss auf den Mund in den Augen des BGH

Dem Landgericht Berlin genügte ein kurzer flüchtiger Kuss auf den Mund, um meinen Mandanten im April 2015 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes zu verurteilen. Das Urteil wurde auf die von mir für den Angeklagten eingelegte Revision durch den 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes aufgehoben.

Sachverhalt zu dem Kuss auf den Mund im Urteil des Landgerichts

In dem landgerichtlichen Urteil wurde festgestellt: Am 14. Mai 2014 habe der Mandant die zweijährige Judith und den vierjährigen Olaf (Namen geändert) im Auftrage ihrer Mutter betreut. Auf einem Spielplatz habe er dann mit beiden Kindern gespielt. Er habe dann den Olaf „… spontan für einen kurzen Moment auf den Mund und die Stirn (geküsst)”. Dies sei in einem Augenblick geschehen, als der Olaf gerade eine Hängebrücke überquerte und den Mandanten zu sich gerufen habe. Auch habe der Mandant mit dem Olaf ein Spiel namens „Fliegerspiel” gespielt. Dabei habe er ihn an Brust und im Bereich des unteren Oberkörpers gehalten und durch die Luft geschwenkt. Auch habe er ihm dabei geholfen, über eine Leiter auf einen Spielturm zu klettern, wobei er diesen dabei unterstützend am Gesäß berührt habe.

Die unzureichende Begründung des Landgericht, warum es darin einen sexuellen Missbrauch gesehen hat, findet sich in meinem damals veröffentlichten Beitrag.

Der Kuss auf den Mund aus Sicht des Revisionsgerichts

In dem Beschluss des BGH vom 19. August 2015 (5 StR 275/15) wird ausgeführt, warum die Urteilsfeststellungen des Landgerichts den Schuldspruch nicht tragen:

"Eine sexuelle Handlung liegt grundsätzlich vor, wenn die Handlung objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild, einen eindeutigen Sexualbezug aufweist... . Dies ist bei den festgestellten Handlungen - kurze spontane Küsse auf den Mund - nicht der Fall. ... Die vom Landgericht unterstellte mit den Küssen verbundene Absicht des Angeklagten, sich sexuell zu erregen, ist beweiswürdigend nicht belegt."

Die  insoweit auszugsweise Begründung des BGH findet sich hier. Soweit das Urteil auch wegen des Besitzes kinderpornographischer Schriften aufgehoben wurde, ist in diesem Beitrag nachzulesen. Die Aufhebung wegen Verstoßes gegen die Führungsaufsicht wird in Kürze in einem weiteren Beitrag nachzulesen sein.

 


Der Zweifelsgrundsatz beim sexuellen Missbrauch

Rechtsanwalt, Zweifelsgrundsatz, Freispruch, sexueller Missbrauch, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung
Ihr Rechtsanwalt und Strafverteidiger beim Vorwurf von

Zweifelsgrundsatz als Grundlage des Freispruchs

Nach der Anklage soll mein Mandant den vor 2 Jahren 12 Jahre alten Robert (Name geändert) mit drei selbstständigen Handlungen in dessen Wohnung sexuell missbraucht haben. Das zuständige Amtsgericht Brandenburg an der Havel sprach den Angeklagten im Juni 2015 vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs frei. Über die schwierige Beweislage berichtete ich bereits. Nun liegt auch das schriftliche Urteil vor, das hier veröffentlicht wird.

Der Zweifelsgrundsatz war für das Amtsgericht  die Grundlage, meinen Mandanten aus tatsächlichen Gründen freizusprechen. Laut der schriftlich vorliegenden Urteilsbegründung stütze sich das Gericht dabei im Kern auf die Aussage der Gutachterin, die - anders noch in ihrem schriftlichen Glaubwürdigkeitsgutachten vor der Hauptverhandlung - nicht mehr davon überzeugt war, dass die Angaben des kindlichen Zeugen Robert erlebnisbezogen sind. So sei nicht auszuschließen, er durch den Druck der Mutter den Angeklagten zu Unrecht belastet habe.

Die Mutter von Robert und und  kein Zweifelsgrundsatz

Der Verdacht, dass sich mein Mandant an Robert vergangen hat kam bei der Mutter auf, als sie erfuhr, dass sich Robert recht massiv  sexuell an der jüngeren Schwester vergangen hatte. Da gab es für sie offensichtlich nur eine Denkrichtung: das muss er selbst erfahren haben. Und natürlich von dem väterlichen Freund und einzigen Kumpel des Robert, dem Angeklagten, der ihm Ersatzvater geworden war. Die Mutter drangsalierte den Sohn immer wieder mit suggestiven Fragestellungen, bis er einräumte, was die Mutter hören wollte und Robert dadurch meinte, seine Ruhe wiederzufinden. Der Zweifelsgrundsatz scheint der Mutter fremd zu sein. Vielleicht stehen die sexuellen Übergriffe des Sohnes auf die Schwester schlicht im Zusammenhang mit der sich entwickelnden Sexualität des Robert und sind also nicht erlebnisbezogen über den Angeklagten?

Der Zweifelsgrundsatz in der Berufung vor dem Landgericht

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Mutter hat Berufung einlegen lassen. Nun wird sich das Berufungsgericht mit dem Zweifelsgrundsatz herumzuschlagen haben.

Nur Opfer in diesem Strafverfahren?

Wie immer das Verfahren ausgehen mag, genau genommen gibt es nur Opfer. Mag sich jeder seine Begründung dafür denken.

 


Ausländer raus aus dem Rechtsstaat

Rechtsstaat und Flüchtlinge
Ihr Rechtsanwalt zum Rechtsstaat und Landfriedensbruch der Politik

Der Rechtsstaat und der rechte Pöbel

Und wieder ist der Rechtsmob pöbelnd, blökend und gewalttätig auf den Strassen im deutschen Rechtsstaat unterwegs. Keine neue Situation also, keine neuen Bilder und Berichte der Medien, alles wie gehabt: Der Rechtsmob mit dem Stein, der Flasche, einer Fackel gegen "Fremde". Und der Rechtsstaat dagegen angehend mit der beschilderten Polizei reizgasend und wasserwerfend mittendrin. Der kleine politische Flaschengeist De Maizière  droht in der ungeistigen BamS dem Rechtsmob,  gegen ihn mit der ganzen Härte des  Rechtsstaats vorgehen zu wollen.

Der Rechtsstaat fordert: Ausländer raus mit Fairness

Und gleichzeitig scheint De Maizière im Einklang mit dem Rechtsmob die Forderung nach "Ausländer raus" aus dem Rechtsstaat zu unterstützen, wenn er ausführt:

"Auch ein Asylbewerber, der morgen abgeschoben wird, hat heute Anspruch auf eine faire Behandlung und darauf, in Frieden zu leben."

Der Rechtsmob will  also die Ausländer mit Gewalt vertreiben und der Rechtsstaat den Ausländer mit rechtsstaatlicher Fairness.

Neue Politik braucht unsere Welt

Natürlich sind Nazis, Faschisten und braunes Gedankengut politisch und mit den Möglichkeiten des Gesetzes zu bekämpfen. Das aber löst weder das deutsche Naziproblem, noch die weltweiten Probleme.

Wir haben heute wesentlich mehr Kriege auf der Welt als noch vor 20 Jahren. Der Westen führt einen Weltwirtschaftskrieg sonders gleichen. Beispiel: Nigeria als größter Erdölförderer Afrikas und der achte weltweit wird seit 1966 von Militärjuntas regiert. Staatliche Souveränität kennt das Land nicht. Shell, BP, Total, Exxon, Texaco und andere plündern das Land. Aber 70% der Bevölkerung vegetiert in unsagbarer Armut dahin. Kein Wunder also, dass so der Nährboden gesät wird für Hass auf den Westen und für religiöse Fanatiker, Hungerleidende in Kriege zu führen. Und es ist auch eine Ursache  für weltweite Fluchtbewegungen  nach Europa. Wen das wundert, der muss mit unschlagbarer Naivität geschlagen sein. Denn diese Fluchtbewegung war absehbar und sie ist seit Jahren in Gange. Denn Europa baute für uns alle sichtbar 15 Jahre lang Zäune und Mauern um Afrika. Und negierte dabei die historische Erfahrung der beiden deutschen Staaten, dass Mauern Probleme nicht lösen können.

Die UNO ist politisch insolvent. So ist die Genfer Abrüstungskonferenz seit mehr als 20 Jahren lahmgelegt. Die Weiterverbreitung von Atomwaffen schreitet fort. Im Jahre 2000 versammelten sich in New York Staatschefs aus 122 Staaten und vereinbarten die "Milleniumentwicklungsziele". Damit verpflichteten sie sich innerhalb einer Generation Unterernährung, Hunger, Epidemien und extreme Not von 2,2 Milliarden Menschen zu beseitigen. Nichts davon ist nur im Ansatz umgesetzt worden. Alle 5 Sekunden stirbt auf unserer Erde ein Kind unter 10 Jahren an Hunger oder hungerbedingter Krankheit. Erniedrigung, Ausgrenzung, Furcht vor dem Morgen sind das Schicksal hunderter Millionen Menschen besonders in der südlichen Hemisphäre. Für die Völker dort sind die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Charta der Vereinten Nationen hohle Phrasen. So bringt es sinngemäß Jean Ziegler in seinem Buch "Der Hass auf den Westen" zutreffend auf den Punkt.

Go home, Mr. De Maizière!

Wir müssen selbst Verantwortung übernehmen und Politiker wie De Maizière nach Hause schicken. Ziel muss es sein, eigene Werte weltweit wertig zu machen. Lasst uns verkrustete Politik abschütteln und nach dem Rechtsstaat suchen, der eine versöhnte und gerechte Weltgesellschaft möglich macht. Um es mit Rio Reiser zu sagen: wer soll es tun, wenn nicht wir, wann wenn nicht jetzt, wo wenn nicht hier. Packen wir es an, es gibt viel zu tun!

 

 


Rechtsanwalt Oliver Marson

Der Strafprozess gegen Zschäpe ist geplatzt

 

Strafprozess gegen Zschäpe am OLG München ging in die Hose

Rechtsanwalt zum Strafprozess am OLG München
Ihr Rechtsanwalt zum NSU-Strafprozess

Von diesem Strafprozess am OLG München weiß ich aus den Medien folgendes: Da soll eine Art Nazibraut der Beihilfe des Mordes in 10 Fällen angeklagt sein. Es gäbe Dutzende Nebenkläger, Nebenklägervertreter und einen von den Medien als tollen juristischen Hecht gefeierten Vorsitzenden, der alles im Griff haben soll. Außerdem soll am und im OLG München massenhaft Medienvolk herumlungern, aus dessen Tun und Unterlassen ich  jedoch nicht recht schlau, schon garnicht schlauer werde.

Dann sollen da noch vier Strafverteidiger durch den Gerichtssaal toben, von denen drei als "Altverteidiger" und einer als "Neuverteidiger" betitelt werden. Ach ja, Letzterer soll aus der bayrischen Landeshauptstadt sein. Das ist die Stadt, aus der ein Herr Seehofer als Führer (der CSU und des Landes) gerade gegen Ausländer und Flüchtlinge verbal und handelnd mobil macht.

Stahlharte Medienberichterstattung über das stürmende Verteidigerheer im Strafprozess

Die Medien erzählen mir gelegentlich mal wieder, wie die "Altverteidiger" stahlhart im Heer stürmen. Vom "Neuverteidiger" habe ich noch nicht wirklich viel aus der Presse erfahren. Das mag an meiner Unachtsamkeit liegen. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass er Hunderttausende Seiten Akten liest, deshalb untergetaucht ist, um erst einmal zu wissen, worum es überhaupt geht. Denn das Wissen wäre ja sonst so gering wie das meine: Wer sich auf Medienberichterstattung verlässt ist verlassen. Dass der zwischen den Zeilen von den Medien als Greenhorn bezeichnte "Neuverteidiger" einen Aussetzungsantrag stellte habe ich nicht gehört. Aber das hat er bestimmt, liegt ja auf der Hand! Haben die Medien sicherlich nur vergessen,  mir zu berichten. Oder hat er doch nicht? Sollte er doch, dann hat das Gericht dem zwingenden Antrag nur noch nicht zwingend entsprochen.

Dieser Prozess soll jetzt schon über 2 Jahre laufen und über 220 Hauptverhandlungstage sollen absolviert sein.. Man, wie die Zeit vergeht!

Ein Strafprozess ohne Beweisaufnahme zu den Anklagevorwürfen?

Ansonsten weiß ich über den Strafprozess am OLG München eigentlich nichts. Oder jedenfalls nicht viel. Wie wenig  inhaltsreich nichtssagend ist die Berichterstattung der Medien über die vermeintlich beihelfenden Mordtaten an in Deutschland ehemals lebenden "Ausländern"! Ging es darum eigentlich schon in diesem Strafprozess?

Jedenfalls höre ich nur immer wieder was von Befangenheitsanträgen gegen das Gericht. Und von Auseinandersetzungen, die das stahlharte Heer im Sturm um eine angemessene Vergütung aus der Staatskasse führte. Oder jetzt, die neuen Entwicklungen, wo es knallhart um die Entpflichtung des gestählten Sturmheeres geht, mal von der Armee gestellt, mal von der vermeintlichen Beihelferin (des Mordes) angebracht. Oder von einer Strafanzeige der vermeintlich Beihelfenden gegen die "Altverteidiger" wegen Verletzung der Schweigepflicht. An der Strafanzeige soll der " Neuverteidiger" mit rumgebastelt haben. Wahrscheinlich hat er nichts anderes greenhorniges  zu tun, nachdem er vermutlich in wenigen Wochen hunterttausende Verfahrensakten schon studiert hat.

Der große Nürnberger Kriegsverbrecherprozess und der Münchner NSU Strafprozess

Der Nürnberger Strafprozess gegen 21  Hauptkriegsverbrecher des 3. Reiches dauerte 1946 nicht eimal 1 Jahr und hatte 218 Verhandlungstage. Was in unserem Rechtssystem ist so todkrank, dass der im Vergleich so kleine Münchner  NSU Strafprozess gegen nur eine Hauptangeklagte  mit schon über zwei Jahren unendlich länger und schon 220 Prozesstage ohne Ende in Sich andauert? Und kann mir jemand die Frage beantworten, warum die Medien 1946 aus Nürnberg über die während der Hauptverhandlung erörterten  Taten berichteten, aber heute aus München überwiegend nur über prozessuales Geplänkel berichtet wird?

Der Strafprozess ist geplatzt

Aus meiner Sicht ist der München-Prozess längst geplatzt. Dafür bedarf es keines förmlichen Gerichtsbeschlusses mehr. Und die deutsche Gerichtsbarkeit stellt sich wieder einmal ein Armutszeugnis aus, wenn es darum geht, einen Strafprozess in angemessener Zeit durchzuführen und unter Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze mit einem Urteil zu Ende zu bringen. Es ist aus meiner Sicht nur noch eine Frage der Zeit, bis das auch formal feststeht.

 

 

 


Justizvollzugsbeamte verbreiten kinderpornographische Schriften

Justizvollzugsbeamte und kinderpornographische Schriften, Rechtsanwalt, Strafrecht
Ihr Rechtsanwalt beim Vorwurf des Besitzes kinderpornographischer Schriften

Justizvollzugsbeamte und die Verbreitung kinderpornographischer Schriften

Manchmal sind Justizvollzugsbeamte in kriminelle Machenschaften verwickelt. Zu ihrer Ehrenrettung halte ich ihnen - jedenfalls im vorliegenden Fall - zu Gute, dass sie sich dessen nicht bewusst waren und ihr Tun und Unterlassen vermutlich mehr oder weniger auf eine kleine Schlamperei zurückzuführen ist.

Ein Mandant wurde von einem Landgericht in Süddeutschland zu 6 1/2 Jahren Freiheitsstrafe wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt. Während des Verfahrens übersandte ihm sein damaliger Verteidiger viele Verfahrensakten in die Haftanstalt, zu denen auch der Leitzordner mit den kinderpornographischen Fotos gehörte. Dort kamen sie während der Strafvollstreckung zur Habe des Mandanten in die Asservatenkammer. Nach 6 1/2 Jahren wurde er aus der Haft entlassen. Der Justizvollzugsbeamte händigten ihm an der Pforte seine Habe aus: 5 Umzugskartons. Der Mandant quittierte den Empfang. Weder er noch der Justizvollzugsbeamte schauten in die Umzugskartons, in denen sich der inkriminierte Ordner mit der Aufschrift "Verteidigerpost" befand. Zu Hause angekommen lagerte er die Unterlagen ein. Sie gerieten in Vergessenheit. Das alles ereignete sich im Jahre 2010.

Hausdurchsuchung fördert kinderpornographische Schriften hervor

Als 4 Jahre später eine Hausdurchsuchung bei dem Mandanten stattfindet, finden die Beamten den Ordner mit der Aufschrift "Verteidigerpost"und die darin enthaltenen kinderpornographischen Fotos auf.

Landgericht Berlin sieht Tatbestand des Besitzes kinderpornographischer Schriften als gegeben an

Das Landgericht verurteilte nun den Mandanten, obwohl dieser ausgesagt hatte, nicht gewusst zu haben, dass er diesen Leitzordner bei der Haftentlassung Jahre zuvor in Besitz genommen hatte. Die Urteilsegründung fiel kurz aus:

„Im Fall unter ... hat der Angeklagte sich außerdem des Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184 Buchst. b Abs. 4, S. 2 schuldig gemacht. Unerheblich ist soweit, dass der Angeklagte unwiderlegt behauptet, zum Zeitpunkt der Durchsuchung am ...2014 habe er an die kinderpornographischen Schriften nicht mehr gedacht, denn er hatte diese im Bewusstsein ihrer Existenz zuvor selbst in die Wohnung in einem Regal abgestellt."

Revision gegen Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften

Dagegen ist der Mandant nun in Revision im Wesentlichen mit folgender Begründung gegangen:

Die subjektive Seite des Straftatbestands ist nicht erfüllt. Die Besitzverschaffung setzt voraus, dass der Täter weiß, worauf sich sein diesbezügliches Tun (Besitzverschaffung) bezieht. Die darauf gerichtete Besitzverschaffung und das Wissen um die  Besitznahme kinderpornographischer Schriften sind aber nach den Urteilsfeststellungen nicht feststellbar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Mandant nun während seiner Haftzeit vom Inhalt des relevanten Ordners, den er von seinem Verteidiger erhalten hatte, Kenntnis genommen hat oder nicht. Nach den Urteilsfeststellungen nämlich wurde ihm seine Habe und somit auch der relevante Ordner Jahre später bei der Haftentlassung durch Bedienstete der Vollzugseinrichtung ausgehändigt. Erst dabei erlangte der Beschwerdeführer den Besitz an den kinderpornographischen Schriften (wieder). Das Urteil ist insoweit lückenhaft, weil keine Feststellungen dahingehend getroffen wurden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Aushändigung seiner Habe durch die Justizvollzugsbeamten zur Kenntnis nahm oder wenigstens hätte zur Kenntnis nehmen müssen oder eben wusste, dass er somit wissentlich einen Ordner mit kinderpornographischen Bildern in Besitz nahm.

Über den Ausgang des Verfahrens werde ich berichten.

 


Der Kuss als sexueller Missbrauch eines Kindes ?

Der Kuss auf den Mund in den Augen des Landgerichts

Der Kuss auf den Mund als sexueller Missbrauch von Kindern, Revision, Rechtsanwalt, Strafrecht
Ihr Rechtsanwalt beim Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Auch wegen eines kurzen, flüchtigen Kusses auf die Lippen kann man eine Freiheitsstrafe kassieren. Meint jedenfalls das Berliner Landgericht. Und zwar wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes. Vor wenigen Wochen verurteilte das Landgericht Berlin einen Mandanten wegen Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht in 41 Fällen, des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes und des Besitzes kinderpornographischer Schriften. Er wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Der Mandant ist einschlägig vorbestraft.

Der Kuss und der festgestellte Sachverhalt im Urteil

Am 14. Mai 2014 habe der Mandant die zweijährige Judith und den vierjährigen Olaf (Namen geändert) im Auftrage ihrer Mutter betreut. Auf einem Spielplatz habe er dann mit beiden Kindern gespielt. Er habe dann den Olaf „… spontan für einen kurzen Moment auf den Mund und die Stirn (geküsst)". Dies sei in einem Augenblick geschehen, als der Olaf gerade eine Hängebrücke überquerte und den Mandanten zu sich gerufen habe. Auch habe der Mandant mit dem Olaf ein Spiel namens „Fliegerspiel" gespielt. Dabei habe er ihn an Brust und im Bereich des unteren Oberkörpers gehalten und durch die Luft geschwenkt. Auch habe er ihm dabei geholfen, über eine Leiter auf einen Spielturm zu klettern, wobei er diesen dabei unterstützend am Gesäß berührt habe.

Der Kuss als Kindesmissbrauch nach Auffassung des Landgerichts

Die Berührung am Gesäß wurde - entgegen der Anklage - durch die Kammer zutreffend nicht als sexualbezogen gewürdigt. Auch bei dem „Fliegerspiel" ging die Kammer - ebenfalls entgegen der Anklage - zutreffend von einer nicht sexualbezogenen Handlungsweise aus. Die sexuelle Missbrauchshandlung begründet das Urteil allein mit dem Kuss auf den Mund des Olaf.  Zur Begründung heißt es dazu im Urteil:

„Durch den Kuss auf den Mund des Kindes Olaf ... hat der Angeklagte sich ferner des schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes gemäß § § 176,176 a Abs. 1 und 6 StGB schuldig gemacht. Soweit der Angeklagte eine sexuelle Handlung gegenüber dem Kind ... in Abrede stellt, ist er bereits durch den Kuss als solchen, den er selbst eingeräumt hat und von dem die Kammer sich auch - wie oben unter III bereits ausgeführt - durch Inaugenscheinnahme des entsprechenden Observierungsvideos und die Aussage des Observierungsbeamten, des Zeugen PHK ..., überzeugt hat, überführt."

Der Kuss und die vermeintliche Sexualbezogenheit

Die richterliche Überzeugung von der Sexualbezogenheit des Kusses wird im Wesentlichen wie folgt begründet:

„Angesichts der hier vorliegenden Gesamtumstände, nämlich der erstmaligen Betreuung des dem Angeklagten ansonsten fremden Kindes an diesem Tag und der Vorbelastung des Angeklagten, ist dieser Kuss, zumal auf den Mund, für den ansonsten keinerlei Veranlassung bestand, objektiv gesehen nur als sexualbezogen zu bewerten."

Das Urteil geht von einer erheblichen und nicht lediglich belanglosen Handlungsweise aus. Gleichzeitig aber kommt das Urteil zu der dazu im Widerspruch stehenden Feststellung, dass

 „eine vergleichsweise geringe Intensität und Dauer des Kusses vorgelegen habe."

Der Kuss in der Revision zum BGH

Das Urteil ist nun  (auch) insoweit mit der Revision zum BGH angegriffen worden. Nach hiesiger Auffassung ist ein kurzer flüchtiger Kuss nicht unter § 176 StGB zu subsumieren.

Denn das Landgericht Berlin hat schon vom Ansatz her verkannt, dass ein bloßes Berühren der Lippen ohne Eindringen mit der Zunge in den Mund keinen Angriff auf die sexuelle Selbstbestimmung darstellt. Der gesamte Vorfall (Kuss) hat nur einen kurzen Augenblick angedauert und sei nach den Urteilsfeststellungen von nur geringer Intensität gewesen. Diese Feststellungen des Landgerichts zur Art des Handelns und zur geringen Intensität, mit der der Mandant vorging, lassen eine Einordnung nur unterhalb der Schwelle der Unrechtsbewertung des § 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu. Ansonsten enthält das Urteil keine Feststellungen, dass etwa eine Nötigung vorgelegen haben könnte. Denn dafür, dass der Mandant gegen den Willen des von ihm betreuten Kindes gehandelt haben könnte, gibt es keine Anzeichen.

Ist die zu würdigende Handlung wie hier (kurzer, flüchtiger Kuss auf den Mund) von besonders geringer Intensität, Dauer und eher von flüchtiger Natur, sind nach meiner Überzeugung die Anforderungen an die Nachweisführung, dass es sich dabei um eine erhebliche sexuelle Handlung handelt, die also die Erheblichkeitsschwelle im Sinne der §§ 176,184 c Nr. 1 StGB überschreitet, besonders hoch anzusetzen. Diesen Anforderungen wird das Urteil nicht gerecht.

Über den Ausgang des Verfahrens werde ich weiter berichten.