Justizvollzugsbeamte und kinderpornographische Schriften, Rechtsanwalt, Strafrecht
Ihr Rechtsanwalt beim Vorwurf des Besitzes kinderpornographischer Schriften

Justizvollzugsbeamte und die Verbreitung kinderpornographischer Schriften

Manchmal sind Justizvollzugsbeamte in kriminelle Machenschaften verwickelt. Zu ihrer Ehrenrettung halte ich ihnen – jedenfalls im vorliegenden Fall – zu Gute, dass sie sich dessen nicht bewusst waren und ihr Tun und Unterlassen vermutlich mehr oder weniger auf eine kleine Schlamperei zurückzuführen ist.

Ein Mandant wurde von einem Landgericht in Süddeutschland zu 6 1/2 Jahren Freiheitsstrafe wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Besitzes kinderpornographischer Schriften verurteilt. Während des Verfahrens übersandte ihm sein damaliger Verteidiger viele Verfahrensakten in die Haftanstalt, zu denen auch der Leitzordner mit den kinderpornographischen Fotos gehörte. Dort kamen sie während der Strafvollstreckung zur Habe des Mandanten in die Asservatenkammer. Nach 6 1/2 Jahren wurde er aus der Haft entlassen. Der Justizvollzugsbeamte händigten ihm an der Pforte seine Habe aus: 5 Umzugskartons. Der Mandant quittierte den Empfang. Weder er noch der Justizvollzugsbeamte schauten in die Umzugskartons, in denen sich der inkriminierte Ordner mit der Aufschrift „Verteidigerpost“ befand. Zu Hause angekommen lagerte er die Unterlagen ein. Sie gerieten in Vergessenheit. Das alles ereignete sich im Jahre 2010.

Hausdurchsuchung fördert kinderpornographische Schriften hervor

Als 4 Jahre später eine Hausdurchsuchung bei dem Mandanten stattfindet, finden die Beamten den Ordner mit der Aufschrift „Verteidigerpost“und die darin enthaltenen kinderpornographischen Fotos auf.

Landgericht Berlin sieht Tatbestand des Besitzes kinderpornographischer Schriften als gegeben an

Das Landgericht verurteilte nun den Mandanten, obwohl dieser ausgesagt hatte, nicht gewusst zu haben, dass er diesen Leitzordner bei der Haftentlassung Jahre zuvor in Besitz genommen hatte. Die Urteilsegründung fiel kurz aus:

„Im Fall unter … hat der Angeklagte sich außerdem des Besitzes kinderpornographischer Schriften gemäß § 184 Buchst. b Abs. 4, S. 2 schuldig gemacht. Unerheblich ist soweit, dass der Angeklagte unwiderlegt behauptet, zum Zeitpunkt der Durchsuchung am …2014 habe er an die kinderpornographischen Schriften nicht mehr gedacht, denn er hatte diese im Bewusstsein ihrer Existenz zuvor selbst in die Wohnung in einem Regal abgestellt.“

Revision gegen Verurteilung wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften

Dagegen ist der Mandant nun in Revision im Wesentlichen mit folgender Begründung gegangen:

Die subjektive Seite des Straftatbestands ist nicht erfüllt. Die Besitzverschaffung setzt voraus, dass der Täter weiß, worauf sich sein diesbezügliches Tun (Besitzverschaffung) bezieht. Die darauf gerichtete Besitzverschaffung und das Wissen um die  Besitznahme kinderpornographischer Schriften sind aber nach den Urteilsfeststellungen nicht feststellbar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Mandant nun während seiner Haftzeit vom Inhalt des relevanten Ordners, den er von seinem Verteidiger erhalten hatte, Kenntnis genommen hat oder nicht. Nach den Urteilsfeststellungen nämlich wurde ihm seine Habe und somit auch der relevante Ordner Jahre später bei der Haftentlassung durch Bedienstete der Vollzugseinrichtung ausgehändigt. Erst dabei erlangte der Beschwerdeführer den Besitz an den kinderpornographischen Schriften (wieder). Das Urteil ist insoweit lückenhaft, weil keine Feststellungen dahingehend getroffen wurden, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Aushändigung seiner Habe durch die Justizvollzugsbeamten zur Kenntnis nahm oder wenigstens hätte zur Kenntnis nehmen müssen oder eben wusste, dass er somit wissentlich einen Ordner mit kinderpornographischen Bildern in Besitz nahm.

Über den Ausgang des Verfahrens werde ich berichten.