Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte
KiPo ist die gängige Abkürzung für den Straftatbestand des § 184 b StGB – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte.
Was genau der Straftatbestand aktuell unter Strafe stellt, können Sie hier nachlesen. Was unter kinderpornographischen Inhalten zu verstehen ist, können Sie hier nachlesen.
In diesem Artikel geht ist um die Frage, ob die Abschaffung des minderschweren Falles und die Strafverschäfung, in dem man die Mindeststrafe auf ein Jahr angehoben hat, nicht verfassungwidrig ist und dringend reformiert werden muss.
Die aktuelle Fassung des § 184 b Abs. 1 u. 3 StGB sieht für den Erwerb, die Verbreitung und den Besitz kinderpornographischer Inhalte eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vor. Dadurch wird der Tatbestand zu einem Verbrechen und die Möglichkeiten einer Einstellung des Verfahrens nach Opportunitätsgrundsätzen gemäß § 153, 153 a und die Verwarnung mit Strafvorbehalt § 59 StGB, sowie die Erledigung im Strafbefehlsverfahren werden ausgeschlossen. Die Norm sieht auch keinen minder schweren Fall vor.
Viele Strafjuristen haben Zweifel an der Zulässigkeit der aktuellen Rechtslage. Richter setzen Strafverfahren aus und legen die Akten dem Bundesverfassungsgericht mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des KiPo – § vor.
Vorlagen einzelner Strafgerichte
Das Amtsgericht Buchen (1 Ls 1 Js 6298/21) hat ein Verfahren gegen eine Tatverdächtige ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Sache vorgelegt, mit der Frage ob die Norm gegen die Verfassung verstößt und nichtig ist, da sie das Übermaßverbot und das Schuldprinzip missachtet.
Das Amtsgericht München (853 Ls 467 Js 181486/21) hat ebenfalls ein Verfahren ausgesetzt und die Akte dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt mit der Frage, ob § 184 b Abs. 1 Nr. 1 StGB verfassungsmäßig ist.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.
Verfassungswidrigkeit des KiPo §
Nach weit verbreiteter Meinung verstößt § 184 b (1) (3) StGB in der aktuellen Fassung hinsichtlich der Mindeststrafandrohung von einem Jahr Freiheitsstrafe gegen den Schuldgrundsatz und das Übermaßverbot und ist daher verfassungswirdig.
Der aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG abgeleitete Schuldgrundsatz gebietet es, dass die Strafe in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters steht. Dieselbe Anforderung ergibt sich aus dem Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit in Form des Übermaßverbots. Für das Übermaßverbot des Grundgesetzes gilt, dass bei der Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit für den Adressaten des Verbots gewahrt sein muss. Für das Strafrecht bedeutet das, dass die Schwere der Tat und das Verschulden des Täters zu der Strafe in einem gerechten Verhältnis stehen müssen. Eine Strafandrohung darf nach Maß und Art dem unter Strafe stehenden Verhalten nicht schlechthin unangemessen sein. Tatbestand und Rechtsfolge müssen sachgerecht aufeinander abgestimmt sein (BVerfGE 54, 100, 108).
Verstoß gegen EU- Grundrechtecharta
Der § 184 b StGB a.F. verstößt auch gegen Art. 49 Abs. 3 EU-Grundrechtecharta. Nach Art. 49 Abs. 3 EU-Grundrechtecharta darf das Strafmaß zur Straftat nicht unverhältnismäßig sein. Nach der Rechtsprechung des EUGH erfordert Art. 49 Abs. 3 Grundrechtecharte, dass bei der Strafzumessung die Schwere des Verstoßes individuell beurteilt wird (EuGH C 99/17; EUGH C-444/11 P; EuGH C 272/09 P). Dies ist bei der derzeitigen Ausgestaltung der Rechtsfolge des § 184 b StGB gerade nicht möglich.
Aktuelles Reformvorhaben
Es gibt mittlerweile einen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, welcher eine Herabsetzung der Mindeststrafe in § 184 b Abs. 1 S. 1 auf sechs Monate und in § 184 b Abs. 3 auf drei Monate vorsieht.
Stand 2/2024