Durchsuchung war rechtswidrig

Rechtswidrigkeit einer Durchsuchung trotz Einwilligung des Betroffenen
Das Landgericht Kiel hat mit Beschluss vom 19.08.2021 (10 Qs 43/21) die Rechtswidrigkeit einer Durchsuchung festgestellt, da die Einwilligung des Betroffenen aufgrund Verstoßes gegen die Datenschutzvorschfriften unwirksam war.
Im vorliegenden Fall erfolgte eine Durchsuchung des Fahrzeuges des Betroffenen, weil bei einer Polizeikontrolle der Geruch von Marihuana vom Personalausweis und vom Fahrzeug des Betroffenen ausging und von den Beamten wahrgenommen wurde. Die Beamten fragten daraufhin, ob sie den Kofferraum des Fahrzeugs sehen dürfen. Dabei unterließen sie es, den Betroffenen über die Möglichkeit und die Wirkung des Widerrufs seiner Einwilligung aufzuklären. Zudem unterließen Sie es ihn den Zweck der Durchsuchung mitzuteilen. Die Beamten fanden beim Betroffenen zwei Kilogramm Marihuana. Der Verteidiger des Betroffenen beantragte beim Amtsgericht Kiel die Feststellung, dass die Durchsuchung rechtswidrig war. Das Amtsgericht Kiel stellte fest, dass die Durchsuchung rechtmäßig war. Dagegen legte der Betroffene Beschwerde beim Landgericht Kiel ein. Das Landgericht entschied, dass die Durchsuchung wegen des Verstoßes gegen § 105 StPO rechtswidrig war. Die Einwilligung, die der Betroffene erteilt hatte war gemäß § 500 StPO in Verbindung mit § 51 Abs. 3 S. 3 BDSG und § 51 Abs. 4 S. 3 BDSG unwirksam.
Für die Rechtmäßigkeit einer Durchsuchung ist gemäß § 105 Abs. 1 StPO eine richterliche Durchsuchungsanordnung, bei Gefahr in Verzug eine Eilanordnung durch die Staatsanwaltschaft erforderlich. Die Maßnahme war vorliegend nicht durch eine Anordnung gedeckt. Einer Durchsuchungsanordnung bedarf es nicht, wenn eine Einwilligung des Betroffenen in die Durchsuchung vorliegt (vgl. Meyer-Goßner, § 105, Rn.1)
Eine wirksame Einwilligung erfordert gemäß § 51 Abs. 3 S. 3 BDSG, dass der Betroffene vorab darüber informiert wird, dass er seine Einwilligung jederzeit widerrufen kann, die bis zur Einwilligung erhobenen Daten jedoch verarbeitet werden dürfen (sog. ex-nunc Wirkung des Widerrufs). Weiterhin ist für eine wirksame Einwilligung nach § 51 Abs. 4 S. 3 BDSG erforderlich, dass dem Betroffenen vorab der Zweck der Datenverarbeitung mitgeteilt wird. Beides ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt, sodass die Einwilligung des Betroffenen unwirksam war. Daher konnte die Durchsuchung nicht auf die Einwilligung gestützt werden, sodass es beim Regelfall der richterlichen oder staatsanwaltlichen Anordnung verblieb, die hier nicht bzw. nicht rechtzeitig erfolgte, mit der Konsequenz, dass die Durchsuchung rechtswidrig war.
Nähere Informationen, wie man sich bei einer Durchsuchung verhalten sollte, finden Sie hier.
Aus Mord wurde gefährliche Körperverletzung

11 Jahre nach der Tat und einer über achtjährigen Prozessdauer endlich ein Urteil
Mord oder gefährliche Körperverletzung - die Schwurgerichtskammer hat bereits Zweifel an der Mordtheorie der Staatsanwaltschaft, ließ jedoch dennoch die Mordanklage zu.
Was war passiert?
Mein Mandant und seine damals 24 und 19 Jahre alten Söhne, haben einen Bekannten (damals 43J.), welcher mit der damals 13-jährigen Tochter meines Mandaten ein "Techtelmechtel" hatte, am 14. Oktober 2011 geschlagen, getreten und mit Messern attackiert. Zuvor war der Versuch eines Friedensrichters zwischen den beiden arabischen Familien, denen die Kontrahenten angehörten, gescheitert. Die beiden Söhne wurde bereits im Jahre 2014 von einer Berliner Jugendstrafkammer wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das ursprünglich ebenfalls gegen meinen Mandanten eröffnete Ermittlungsverfahren war bereits zuvor nach § 170 II StPO eingestellt worden. Unter dem Eindruck der Beweisaufnahme in dem Strafverfahren gegen die beide Söhne sah sich jedoch die Berliner Staatsanwaltschaft veranlasst, das Ermittlungsverfahren wieder aufzunehmen und erhob 2014 gegen meinen Mandanten Anklage wegen versuchten Mordes aus niederen Beweggründen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung. Den Erlass eines Haftbefehls, wie von der Staatsanwaltschaft 2014 ebenfalls beantragt, lehnt das Schwurgericht, mehr als drei Jahre nach der Tat, ab. Da mein Mandant auf freiem Fuß blieb, hatte die Sache keine besondere Priorität bei der Berliner Strafjustiz und blieb rund weitere 8 Jahre liegen. Strafverfahren, bei denen die Angeklagten in Untersuchungshaft sind, haben eben Vorrang und so landete dieses Verfahren immer wieder in der Versenkung.
Überlange Prozessdauer
Ein altes Sprichtwort sagt ja bekanntlich: Was lange währt, wird gut. Im meinem Fall stimmt das sogar.
Für die Berliner Presse war die extrem lange Prozessdauer ein Skandal und sie berichtete ausführlich. So titelte die BZ : Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung nach 11 Jahren!
Am Ende ein glücklicher Mandant
Unter Berücksichtigung einer geständigen Einlassung, mildernder Umstände, überlanger rechtsstaatswidriger Prozessdauer und eines Härteausgleiches auf Grund gesamtstrafenfähiger, aber bereits vollstreckter Verurteilungen, gab es eine Haftstrafe, die auf Bewährung ausgesetzt wurde.
Telemedizin, digitale Beweise und Kindesmissbrauch

Kinderschutzkongress 2022 stellt sich auf digitale Beweisführung ein
Telemedizin: Es ist wenig überraschend, dass auch der Einsatz digitaler Medien in der Befunddokumentation und -übermittlung in Fällen diagnostizierten Kindesmissbrauchs an Bedeutung gewinnt. Diese spezielle Kategorie digitaler Beweise wird in der Beweisaufnahme zukünftiger Strafverfahren im Bereich des Kindesmissbrauchs eine zunehmende Rolle spielen. Allein die auf EU-Ebene verfolgte Erweiterung des Gebrauchs digitalisierter Massendaten in der Medizin („Europäischer Raum für Gesundheitsdaten“) auch in Verbindung mit den Regelungen zum Einsatz Künstlicher Intelligenz (Artificial Intelligence Act) legt nahe, dass wir am Anfang einer Digitalisierungswelle stehen, die, soweit digitale medizinische Daten für die Aufklärung mutmaßlicher Straftaten eine Rolle spielen, sich auch im Strafverfahren wiederspiegeln wird.
Telemedizin - Kinderschutzkongress 2022 neue Wege im Kinderschutz
Dabei wird unter den medizinischen Expert*innen besonders diskutiert, ob die digitale Inaugenscheinnahme die persönliche ersetzen kann – und unter welchen Bedingungen. So wurde diese Frage auf dem Kinderschutzkongress der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (neben anderen Themen) am 20. Und 21. Mai 2022 debattiert und danach gefragt, welcher Rechtsrahmen und welche Standards für die Präsentation der bei der medizinischen Diagnose via digitaler Inaugenscheinnahme gewonnenen Beweisinformationen gelten. Wie in anderen Bereichen digitaler Beweise bestehen viele Unklarheiten hinsichtlich der anzuwendenden Standards oder Best Practices.
Diese Situation führt dann auch mit einer gewissen Unausweichlichkeit zu verschiedenen Risiken bei der Sicherung des Beweiswertes telemedizinischer Informationen im Strafverfahren und der Gewährleistung ihrer Integrität und Authentizität und stellt eine Herausforderung für die Prozessteilnehmer*innen, insbesondere auch die Strafverteidigung, dar. Als Leitfaden für die Überprüfung telemedizinischer digitaler Beweise können die inzwischen etablierten Best Practices oder Standards der IT-Forensik gelten, die dann an die spezielle Situation der computergestützten medizinischen Diagnose angepasst werden müssen.
Auch in Strafverfahren wegen Kindesmissbrauch wird sich zuküftig die Frage nach der Verwertbarkeit digitaler Beweismittel, welche aus der Telemedizin stammen stellen.
Kompetente Strafverteidigung im Sexualstrafrecht
Wir verfügen über eine jahrelange Praxiserfahrung als Stravfverteidiger im Sexualstrafrecht und erarbeiten passgenaue Verteidigungsstrategien für unsere Mandanten.
Sitzblockade auf der Autobahn kann Nötigung sein

Sitzblockaden auf deutschen Autobahnen und Autobahnzufahrten in Berlin durch Aktion "Letze Generation" hat zur Einleitung einer Vielzahl von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachtes der Nötigung geführt. Die Berliner Polizei hat mitgeteilt, dass wegen der aktuellen Sitzblockaden gegenwärtig über 200 Anzeigen u.a. wegen des Vorwurfes der Nötigung gegen Blockierer aufgenommen wurden.
Was ist Nötigung und was nicht ?
Sitzblockaden sind ein Mittel der politischen Auseinandersetzung, die immer wieder zu Strafverfahren führten und bereits mehrfach auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigt haben.
Der Tatbestand der Nötigung
Nötigung ist eine unzulässige Gewaltanwendung oder Drohung, die das Opfer zu einer unerwünschten Handlung zwingt. Näheres hierzu finden Sie hier.
Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (§ 240 II StGB)
Sitzblockade - Die Rechtsprechung zur Nötigung
Ist die Sitzblockade der „letzten Generation“ unter den Tatbestand der Nötigung zu fassen?
Fraglich ist, ob eine Sitzblockade unter den Tatbestand der Nötigung gem. § 240 StGB fällt.
Der Tatbestand der Nötigung umfasst das Nötigen eines Menschen durch Gewalt oder Drohung. Ist eine Sitzblockade Gewalt iSd § 240 StGB? Gewalt ist der körperlich wirkende Zwang durch die Entfaltung von Kraft oder durch eine physische Einwirkung sonstiger Art, die nach ihrer Zielrichtung, Intensität und Wirkungsweise dazu bestimmt und geeignet ist, die Freiheit der Willensentschließung oder Willensbestätigung eines anderen aufzuheben oder zu beeinträchtigen (Wessels/ Hettinger/ Engländer, Strafrecht BT 1, Rn. 446; Fischer § 240 Rn.8; BGHSt 41, 182).
Bis 1995 war eine Sitzblockade gem. Rspr. unter den Tatbestand der Nötigung zu fassen (BGH, 20.07.1995 AZ.: 1 StR 126/ 95). Der Begriff der Gewalt könne nicht nur durch physischen, sondern auch psychischen Zwang erfüllt sein. Der Fahrer sei psychischem Zwang ausgesetzt, da er in aller Regel den Blockierer nicht überfahren will (BGH, Urteil 08.August 1969; Az: 2 StR 171/69).
1995 erklärte das BVerfG diese Ansicht für verfassungswidrig. Da eine solche Auslegung des Gewaltbegriffs auch auf psychischen Zwang gegen das Analogieverbot bzw. das Bestimmtheitsgebot Art. 103 Abs. 2 GG verstoße. Die Auslegung des Begriffs „Gewalt“ überschreite die Wortlautgrenze des § 240. Das Vorliegen von Gewalt fordere demnach eine physische Zwangswirkung (BVerfG, Beschluss vom 10.Januar 1995; Az: 1 BvR 718/89).
Auf diesen Beschluss hin entwickelte der BGH seine sog. „Zweite- Reihe- Rspr.“, demnach wenden die Teilnehmer einer Sitzblockade Gewalt an, da hinter dem ersten Fahrzeug die weiteren Fahrzeuge eine physische Barriere haben und somit physischem Zwang ausgesetzt sind (BGH, Urteil 20.07.1995; Az.: 1 StR 126/95). Das BVerfG hält dieses Auffassung des BGH für verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 07.03.2011; Az.: 1 BvR 388/05).
Demnach ist eine Nötigung nach § 240 StGB durch eine Sitzblockade zu bejahen, da es sich bei der Sitzblockade um physische Gewalt handelt, wie der BGH durch seine „Zweite- Reihe- Rspr.“ aus dem Jahr 1995 zeigt. Auch das BVerfG stellt in seinem Beschluss klar, die Rspr. des BGH stehe dem Bestimmtheits- bzw. Analogieverbot nicht entgegen (BVerfG 1995: AZ 1 BVR 718/ 89). Somit ist die Sitzblockade der Demonstranten von der Nötigung erfasst, da die Fahrzeuge aus zweiter Reihe physischen Zwang durch Autos vor ihnen ausgesetzt sind. Dieser physische Zwang ist den Demonstranten durch mittelbare Tatherrschaft durch einen gerechtfertigten Tatmittler (die Auto Fahrer aus erster Reihe) zuzurechnen (BGHSt 3,4 < 5 f.; Schönke/ Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010).
Weiterhin ist jedoch zu fragen, ob eine solche Nötigung nicht durch den Art. 8 GG (Versammlungsfreiheit) gerechtfertigt ist. Dann wäre die Nötigung durch die Demonstranten nicht rechtswidrig. Eine Sitzblockade ist grds. vom Schutzbereich der Versammlungsfreiheit gedeckt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 07. März 2011, Az.: 1 BvR 388/05). Dieser Schutz endet, sobald eine Versammlung einen unfriedlichen Verlauf nimmt. Eine Sitzblockade ist grds. nicht als unfriedlich einzustufen, da sie nicht auf einen gewalttätigen Verlauf abzielt (Beschluss BVerfG 2011). Versammlungen unter freiem Himmel gem. Art.8 Abs.2 GG enthalten einen Gesetzesvorbehalt und können somit eingeschränkt werden. Für eine solche Einschränkung ist eine Abwägung in Form der Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich. Ob eine Nötigung tatsächlich gerechtfertigt ist, ist somit vom Einzelfall abhängig.
Das BVerfG hat den Gewaltbegriff der Nötigung vor allem bei Anketten, Einhaken oder aktivem Widerstand der Teilnehmer gegen ein Wegtragen bejaht (BVerfG, Beschluss vom 24.10.2001; Az.: 1 BvR 1190/ 90). Durch das Anketten der Demonstranten und ihr „festkleben“ ist der Gewaltbegriff der Nötigung somit durchaus zu bejahen. In diesem Fall könnte man bei einer Abwägung also eher eine Nötigung annehmen und einen Eingriff in Art.8 GG als gerechtfertigt sehen.
Erhöhung der Strafe - Keine Ahnung, aber Hauptsache in der Zeitung

Wer keine Ahnung hat, der sollte schweigen und nicht unqualifizierte Interviews geben.
Erhöhung der Strafe für gut befunden: In der Sonnabendausgabe der „WELT“ vom 08.05.2021 wurde ein Interview mit Frau Anne Lütkes, Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerks, zum neuen Gesetz zur Bekämpfung sexuellen Kindesmissbrauchs und eine Reform der Kinder- und Jugendhilfe veröffentlicht, dass einmalmehr zeigt, wie inkompetent manche Politiker sind. Frau Anne Lütkes ist nicht nur Mitglied der Grünen, sondern war auch von 2000 bis 2005 Justizministerin in Schleswig-Holstein und müsste es daher besser wissen.
Aber wenn man sich in die Öffentlichkeit drängt und dem Volke zu Munde reden will, dann ist Fachkompetenz nicht das Wichtigste.
Erhöhung der Strafe im Sexualstrafrecht
Anlass für das Interview war, dass der Bundesrat in seiner Sitzung am 07.05.2021 den Gesetzesbeschluss des Bundestags zur Bekämpfung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder gebilligt hat.
Das Gesetz sieht ein Bündel von Maßnahmen vor - insbesondere Verschärfungen des Strafrechts.
Der Grundstraftatbestand des Kindesmissbrauchs wird künftig als Verbrechen mit einem Strafrahmen von einem Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Bislang sind solche Taten als Vergehen mit Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren sanktioniert. Verbreitung, Besitz und Besitzverschaffung von Kinderpornografie sollen ebenfalls zum Verbrechen hochgestuft werden. Dementsprechend werden auch dort höhere Strafen drohen.
Frau Lütkes wird u.a. mit folgender Aussage zitiert:
„Künftig ist auch Erwerb und Besitz von Kinderpornos eine Straftat“.
Hätte man sich mal eingehend mit der Gesetzesänderung beschäftigt oder die bisherige Gesetzeslage analysiert, dann hätte man wissen müssen, dass der Besitz und der Erwerb von Kinderpornografie im § 184b StGB seit vielen Jahren bereits unter Strafe steht. Was das neue Gesetz jetzt ändert, ist lediglich der Strafrahmen. Dieser wird deutlich höher gesetzt, mit der Folge, dass diese Taten zukünftig als Verbrechen zu verfolgen sind und so mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht sind. Bisher galt eine Mindeststrafe von lediglich drei Monaten.
Diese Gesetzesverschärfung erfolgte vor allem auf Druck der Öffentlichkeit und vor dem Hintergrund einer Reihe spektakulärer Strafprozesse in letzter Zeit in diesem Bereich. Fachleute kritisieren diese Gesetzesverschärfung - nach meiner Meinung zu Recht - als unverhältnismäßig und als populistisch.
Strafverschärfung ist der falsche Weg
So äußerte sich auch der Deutsche Juristenbund zu den Strafverschärfungen kritisch: Sexuelle Handlungen an Kindern umfassen ein großes Spektrum von Berührungen oberhalb der Kleidung bis hin zu Manipulationen am nackten Genital. Der Strafrahmen von derzeit sechs Monaten bis zu zehn Jahren ermöglicht eine schuldangemessene Sanktionierung und bietet Raum für die Verhängung erheblicher Freiheitsstrafen. Besonders schwere Fälle sind bereits jetzt mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht.
Schöffe schrammt am Befangenheitsantrag vorbei

Schwein gehabt! Befangenheitsantrag war nicht nötig.
Auch Schöffen können wegen Befangenheit vom Angeklagten abgelehnt werden. Nach vier Hauptverhandlungsterminen in einem Strafverfahren vor einer Jugendkammer des Landgerichtes Berlin wegen des Verdachtes räuberischer Erpressung erschien ein Schöffe unentschuldigt nicht zum 5. Hauptverhandlungstermin. Damit ist der Prozess geplatzt und muss neu aufgerollt werden.
Der fehlende Schöffe
Einer der beiden Schöffen erschien nicht zum Hauptverhandlungstermin. Telefonisch konnte der Schöffe nicht erreicht weden. Nachfragen bei der Schöffengeschäftsstelle des Landgerichts verliefen negativ. Ein Anruf des Vorsitzenden Richters beim Arbeitgeber ergab, dass man "aus familiären Gründen" kurzfristig Urlaub für eine Woche genehmigt habe. Damit blieben alle möglichen Versuche der Kontaktaufnahme erfolglos. Der 5. Hauptverhandlungstermin musste aufgehoben werden. Auf Grund der kurz danach ablaufenden Unterbrechungsfrist war nunmehr eine Fortführung der Hauptverhandlung nicht mehr möglich.
Befangenheit des Schöffen
Hätte die Hauptverhandlung fortgesetzt und das Verfahren nicht ausgesetzt werden müssen, wäre gegen den Schöffen ein Befangenheitsantrag die Folge gewesen. Denn eine Befangenheit des Schöffen liegt vor, wenn er ohne jede Entschuldigung die Ausübung seines Richteramtes verweigert (Ungeeignetheit). Außerdem lässt ein solches Verhalten Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufkommen.
Der eingeschlafene Schöffe
Nicht nur bei unentschuldigt fehlenden Schöffen, sondern auch bei schlafenden Schöffen kann ein Befangenheitsgrund vorliegen. In einem kürzlich von uns bearbeitetem Fall hat unser Mandant mit Erfolg eine Schöffin abgelehnt, die in der Hauptverhandlung eingeschlafen war.
Die Eignungsvoraussetzungen für das Schöffenamt
Zu den grundsätzlichen Eignungsvoraussetzungen eines Schöffen lesen Sie hier weiter.
Die Befangenheit von Berufsrichtern und Staatsanwälten
Auch Berufsrichter kann der Angeklagte wegen Befangenheit ablehnen. Nähere Ausführungen hierzu finden Sie hier und hier.
Cannabis - Prozess: Mission erfüllt

Cannabis auf dem S-Bahnhof: Wem gehören 200g Marihuana?
Einer Streife der Bundespolizei, die sich auf dem Berliner S-Bahnhof Treptower Park aufhält, wird von einem marokkanischen Staatsbürger ein Rucksack in die Hände gedrückt. Mit großer Geste wird den Polizeibamten, in einer ihnen nicht bekannten Sprache, wortreich zu verstehen gegeben, dass sich in dem Rucksack "betäubungsmittelverdächtige Substanzen" befinden würden. Bei der Durchsuchung des Rucksackes finden die Beamten einen mit Cannabis gefüllten Gefrierbeutel - Blüten (Gras), eine Feinwaage und einen Personalausweis. Dumm nur, dass der Perso meinen Mandanten als Inhaber ausweist.
Der Marokkaner gibt zu Protokoll, dass er den Rucksack kurz zuvor auf dem S-Bahnhof gefunden hätte und mehr zu der Sache nicht sagen könne. Die Polizeibeamten geben die Tüte mit dem Gras ins Labor und überprüfen den Personalausweis. Es stellt sich heraus, dass der Perso nicht als vermisst gemeldet ist. Daraus schlussfolgern die Beamten messerscharf, dass der Rucksack mit seinem kompletten Inhalt dem Personalausweisinhaber gehören müsse und erstatten Anzeige gegen meinen Mandanten.
Wochen später liegt das Laborergebnis vor. Der ermittelte THC-Gehalt der weiblichen Blütenstände ergaben bei der festgestellten Menge knapp 1000 Konsumeinheiten (KE). Daraufhin erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts Tiergarten. Die Anklage wirft meinem Mandanten den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs.1 Ziffer 2 BtMG vor. Im Falle einer Verurteilung hätte meinem Mandanten eine Haftstrafe gedroht.
Die Hauptverhandlung war recht kurz, weil der Finder des Rucksackes nicht als Zeuge erschienen ist und mein Mandant die ihm vorgeworfene Tat bestritt. Er ließ durch seinen Verteidiger mitteilen, dass ihm das in dem Rucksack befindliche Gras nicht gehöre und er es nie besessen habe. Des Gericht verlas noch eine Mitteilung der marokkansichen Botschaft, in der diese die Beendigung der Mission ihres Mitarbeiters in Deutschland mitteilte. Mit anderen Worten: der Finder des Rucksackes war überraschend wieder in sein Heimatland zurückgekehrt.
Da meinem Mandanten die Tat nicht nachzuweisen war, wurde er vom Vorwurf des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge freigesprochen.
Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz

Verfolgung von Verstößen gegen Kontaktbeschränkung
Ein Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz kann Strafverfahren zur Folge haben. Die Berliner Polizei hat allein an einem Tag über 40 Strafanzeigen wegen des Verstoßes gegen das Infektionschutzgesetz und der hierauf in Berlin erlassenen Verordnung zur Eindämmung des Coronavirus erstattet. Polizei und Ordnungsämter sind in Berlin, wie auch in anderen Bundesländern angehalten, Verstöße gegen die Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie zur Anzeige zu bringen.
Rechtsgrundlage bei Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz
Die Rechtsgrundlage für die aktuellen Kontaktbeschränkungen in Berlin ist vorgenannte Verordnung.
Strafen bei Verstößen gegen die Kontaktbeschränkungen nach dem Infektionsschutzgesetz
Inhaber illegal geöffneter Geschäfte und Kneipen kassierten bereits von der Berliner Polizei Strafanzeigen und müssen mit einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren rechnen. Welche Strafen bei Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz drohen, haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Bußgeld bei Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz
Bei geringeren Verstößen, etwa gegen die Pflicht zu Hause zu bleiben und das Verbot, größere Gruppen zu bilden, kann ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden. Die Berliner Senatsverwaltung hat am 02.04.2020 zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit den Kontaktbeschränkungen einen Bußgeldkatalog erstellt, der eine Richtlinie für die jeweilig zu verhängende Geldbuße sein soll.
Demnach werden 25 bis 500 Euro Bußgeld fällig, wenn sich Menschen in Gruppen von mehr als zwei Personen zusammenstellen und sich womöglich den Aufforderungen der Polizei widersetzen. Wer seine Wohnung ohne triftigen Grund verlässt, muss zwischen 10 und 100 Euro an Bußgeld bezahlen. Für Unternehmen enthält der Bußgeldkatalog ebenfalls Tatbestände für den Fall des Verstosses gegen die Berliner CORONA-Verordnung. So kann die verbotene Öffnung von Geschäften zu einem Bußgeld von bis zu 10.000 Euro führen. Auch die Nichteinhaltung der Hygienemaßnahmen kann mit bis zu 2.500 Euro Bußgeld geahndet werden. Weitere Informationen finden Sie auch hier und hier.
Ratschlag bei Ermittlungsverfahren wegen Verstoß gegen das Infektionsschutzgesetz
Wenn Ihnen die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder eines Bußgeldverfahrens schriftlich oder auch mündlich mitgeteilt wird, so bewahren Sie Ruhe. Äußern Sie sich nicht zu dem Vorwurf den man Ihnen macht. Machen Sie von Ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Kontaktieren Sie einen Strafverteidiger. Gehen Sie nicht zur Polizei, denn Sie sind nicht verpflichtet, als Beschuldigter auszusagen. Einer polizeilichen Vorladung zur Vernehmung müssen Sie keine Folge leisten.
Kompetente Strafverteidigung
Wir sichern Ihnen mit unserer jahrelangen Praxiserfahrung als Fachanwälte im Strafrecht eine kompetente Strafverteidigung zu. Wir erarbeiten passgenaue Verteidigungsstrategien in Absprache mit unseren Mandanten. Zielsetzung ist es in allen Fällen, nach Möglichkeit eine geräuschlose Verfahrenserledigung im Interesse unserer Mandanten zu erreichen. Jedes Mandat ist uns Privileg. Wir setzen uns mit dem gleichen Einsatz in "kleinen" wie in "großen" Fällen für Sie ein.
Haftbeschwerdegrund bei Untätigkeit der Staatsanwaltschaft

Staatsanwaltschaft trödelt bei Gegenerklärung im Revisionsverfahren
Der Mandant sitzt seit ca. 14 Monaten in Untersuchungshaft und hat gegen das Urteil des Landgerichtes Revision eingelegt. Die Begründung wurde am 31.3.10 eingereicht. Bis heute liegt die daraufhin von der Staatsanwaltschaft zu fertigende Gegenerklärung gem. § 347 I StPO nicht vor. Laut mündlicher Auskunft der zuständigen Staatsanwältin ist jedoch die Abgabe einer schriftlichen Gegenerklärung beabsichtigt. Das behandelte Thema ist der Haftbeschwerdegrund.
M.E. liegt hier ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot vor.
In der Begründung zur Haftbeschwerde heißt es hierzu:
"Der Beschleunigungsgrundsatz gilt einschränkungslos auch nach Erlaß eines erstinstanzlichen Urteils (KK, StPO, 6 A., Rnr. 8 zu § 120). Es ist mit dem Beschleunigungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, wenn die Urteilserstellung von vornherein auf das zeitlich fixierte Ende der Frist nach § 275 (1) StPO ausgerichtet wird (BVerfG NStZ 06, 275 f.; OLG Naumburg StV 08,201f.). Auch die verzögerte Bearbeitung von Stellungnahmen zu Revisionsbegründungen stellt einen Verstoß gegen den in Haftsachen geltenden Beschleunigungsgrundsatz dar (BVerfG NStZ 05, 456)."
Weitere Informationen zum Thema HAFT und Vermeidung der UNTERSUCHUNGSHAFT finden Sie hier.