Strafprozess, Fachanwälte für Strafrecht, Befangenheit
Rechtsanwälte Marson (l) & Dost Roxin

Strafprozesses gegen Judo-Trainer geplatzt

Eigentlich sollte der Strafprozess gegen unseren Mandanten noch bis September fortgeführt werden. Es geht um einen ehemaligen Judo-Trainer, dem Kindesmissbrauch und Körperverletzung vorgeworfen wird. Die Medien berichteten bereits. Doch nun musste der Prozess nach nur vier Verhandlungstagen wegen Befangenheit einer der beiden Schöffen ausgesetzt werden. Die Medien berichteten bereits.

Befangenheit wegen minutenlangem Schlaf einer Schöffin

Am dritten Hauptverhandlungstag fiel meinem Kollegen Marson auf, dass einer Schöffin der mit 5 Richtern besetzten 8. Strafkammer des Landgerichts Berlin der Kopf auf die Brust gesackt war und sie die Augen geschlossen hielt. Die Arme hatte sie auf den Armstützen ihres Stuhls liegen, die Hände lagen entspannt über den Lehnen. Es war eindeutig, dass die Schöffin während einer Zeugenvernehmung eingeschlafen war. Wir nahmen die Zeit. Nach ca. 6 Minuten beraumte die Vorsitzende eine kurze Pause an. Während die anderen Richter aufstanden verharrte die Schöffin noch immer in ihrer Schlafposition. Erst als der Vorsitzende sie antippte, erwachte die Schöffin und legte erschrocken ihre Hand vor den Mund.

Ablehnungsgesuch des Mandanten

Wir ließen die Hauptverhandlung unterbrechen und stellten eine Stunde später im Auftrag des Mandanten einen Befangenheitsantrag. Diesen begründeten wir damit. dass im Schlaf eines Richters dessen Respektlosigkeit gegenüber dem Angeklagten zum Ausdruck komme. Auch zeige es das fehlende Verantwortungsbewusstsein der Schöffin, die von Gesetzes wegen berufen ist, über Schuld oder Unschuld mitzuentscheiden.

Stellungnahme der für befangen erklärten Schöffin

Mit der am vierten Verhandlungstag abgegebenen Stellungnahme der Schöffin räumte sie ein, eingeschlafen zu sein. Zugleich trug sie sinngemäß vor, nicht befangen zu sein. Sie habe wegen einer Nachtschicht bis 02.00 Uhr zu wenig Schlaf gehabt. In einer daraufhin von uns abgegebenen Verteidigererklärung trugen wir vor, dass dies die Annahme der Befangenheit nicht ausräumt. Denn jeder Richter hat dafür Sorge zu tragen, dass er körperlich in der Lage ist, der Hauptverhandlung konzentriert und ununterbochen folgen zu können.

Landgericht sah ebenfalls Befangenheit

Ein Ablehnungsgesuch ist begründet, wenn der Angeklagte bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhaltes Grund zur Annahme hat, der abgelehnte Richter nimmt ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die dessen Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit störend beeinflussen kann. Das sah auch das Langericht im vorliegenden Falle so. Es gab dem Antrag nach § 24 StPO statt und setzte den Prozess aus. Mehr über das Thema Befangenheitsanträge finden Sie auch hier.