BGH zum Gefährdungsvorsatz bei verbotenem Autorennen

Verbotenes Rennen und Vorsatz Rechtsanwalt Oliver Marson
Rechtsanwalt Oliver Marson

Am 18. Juni 2025 hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe über die Revision eines Urteils des Landgerichts in einem Fall des verbotenen Kraftfahrzeugrennens gemäß § 315d StGB entschieden (4 StR 8/25).

Sachverhalt :
Der Angeklagte war mit einem hochmotorisierten Fahrzeug auf einer Landstraße unterwegs, überholte ein vor ihm fahrendes Fahrzeug und beschleunigte auf etwa 165 km/h, obwohl zulässige Höchstgeschwindigkeit 100 km/h betrug. In einer langgezogenen Rechtskurve kam es zu einem Verkehrsunfall, bei dem eine Mitfahrerin ums Leben kam. Das Landgericht hatte den Angeklagten u. a. wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge (§ 315d Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Abs. 5 StGB) verurteilt.

Revisionsrechtliche Entscheidung und Begründung
Der BGH hob das Urteil auf – nicht jedoch allein aufgrund formeller Mängel, sondern weil es an den erforderlichen Feststellungen zum bedingten Gefährdungsvorsatz fehlte. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Angeklagte nicht hinreichend gewollt oder billigend in Kauf genommen, dass die konkrete Gefahr eines Unfalls eintreten könnte. Der BGH betonte, dass in Fällen des verbotenen Rennens nicht aus der bloßen Geschwindigkeit allein geschlossen werden dürfe, der Täter habe stets auch die konkreten Umstände einer Unfallgefahr vor Augen gehabt (z. B. Beschaffenheit der Strecke, Fahrbahnverhältnisse, Sichtverhältnisse, Kurvenlage). Nur wenn diese Umstände dem Täter bekannt sind und er sich mit dem Eintritt des Gefahr­erfolgs zumindest abgefunden hat, liegt der notwendige bedingte Vorsatz vor.

In diesem Fall fehlte es an einer solchen hinreichend konkreten Subsumtion. Der BGH stellte klar, dass allein ein hohes Tempo nicht automatisch den Vorsatz begründet – vielmehr ist auf die Gesamtschau der Umstände abzustellen.

Wirkung und rechtliche Bedeutung
Die Entscheidung betont eine strenge Anforderung an die Feststellungen des Tatgerichts im Rahmen von § 315d StGB, insbesondere im Hinblick auf das Kriterium des Vorsatzes. Damit setzt der BGH eine rechtliche Grenze zur bloßen Annahme eines Risikobewusstseins bei überhöhter Geschwindigkeit. Die Entscheidung dürfte für künftige Verfahren wichtige Auswirkungen haben, da sie verdeutlicht, dass die Subsumtion des Vorsatzes unter Beachtung konkreter Gefährdungslagen geschehen muss – und dass rein Geschwindigkeitstatbestände hierfür typischerweise nicht genügen.

Abgrenzung zur bisherigen Rechtsprechung

In früheren Entscheidungen hatte der BGH bereits eine starke Betonung auf die Gefährlichkeit rasanter Fahrten gelegt und zum Teil ausnahmsweise aus den objektiven Umständen auf Vorsatz geschlossen, insbesondere bei Kollisionsrennen oder gemeinsamer Raserei mehrerer Beteiligter. (vgl. z. B. ältere Urteile zu § 315d)

Die Entscheidung 4 StR 8/25 schärft diese Linie, indem sie ausdrücklich betont, dass auch bei einem Alleinrennen (also kein Wettbewerb mit einem anderen Fahrzeug) nicht schon die hohe Geschwindigkeit für sich genommen genügt. Vielmehr müsse der Täter die konkreten Risiken – etwa Kurvenlage, Beschaffenheit der Straße, Sichtverhältnisse, Fahrbahnzustand – in seinem Bewusstsein gehabt haben.

Damit ist eine neue Betonung gesetzt: Das Gericht darf nicht bloß auf allgemeine Gefährlichkeit abstellen, sondern muss konkrete Gefahrenaspekte benennen und prüfen, ob der Täter sie in seinem Risikobewusstsein hatte und akzeptiert hat.