Sichverschaffen von Kinderpornographie Rechtsanwalt Oliver Marson
Rechtsanwalt Oliver Marson

Das gezielte Anfordern von Nacktbildern mit Darstellung kindlicher Intimbereiche kann bereits den Tatbestand des § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllen. Im Sinne des § 184 Abs.3 Alt.2 StGB kann es allerdings eine straflose Vorbereitungshandlung sein. Zu diesem Ergebnis kam das Bayerische Oberste Landesgericht in einem Beschluss v. 6. Februar 2025.

Der Beschluss 202 StRR 5/25 des BayObLG befasst sich mit der Frage der Verurteilung wegen des Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte gemäß § 184b StGB unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen an den Schuldspruch und insbesondere der Strafzumessung und Begründungspflichten.

Sachverhalt und rechtliche Ausgangslage

Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, Nacktbilder von Kindern mit Intimbereich angefordert zu haben, womit ein bewusstes Einwirken gemäß § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB angenommen wurde. Das BayObLG betrachtet diese Tathandlung bereits als vollendete Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern, da durch das gezielte Anfordern eine konkretisierte Handlung gesetzt wurde.

Zudem wurde im Verfahren deutlich, dass das angegriffene Urteil bezüglich der Strafzumessung einem durchgreifenden Begründungsmangel unterlag. Die aus wenigen Zeilen stammenden Darlegungen genügten nicht den strengen Anforderungen, insbesondere bei Entscheidung für eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten. Das Amtsgericht hatte eine solche Strafe angesetzt, obwohl grundsätzlich eine Geldstrafe möglich gewesen wäre.

Rechtliche Würdigung durch das Oberlandesgericht

Das BayObLG nimmt in seinem Beschluss eine selbstständige Korrektur des Schuldspruchs vor (§ 354 Abs. 1 StPO), soweit erforderlich. Der Beschluss hebt hervor, dass § 265 Abs. 1 StPO dem nicht entgegensteht, weil der Angeklagte geständig war und sich nicht anders verteidigt hätte.

Im Hinblick auf die Strafzumessung verweist das Oberlandesgericht auf die strengen Anforderungen an eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten gemäß § 47 StGB: Solche Strafen sollen nur in Ausnahmefällen verhängt werden und erfordern eine eingehende und nachvollziehbare Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit.

Das Gericht erachtet die im angefochtenen Urteil enthaltene Begründung als unzureichend, insbesondere bei positiver Prognose (§ 56 Abs. 1 StGB). Hieraus folgt, dass der Strafausspruch – soweit dies möglich ist – aufgehoben wird, andernfalls ist eine Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erforderlich.

Bedeutung und Lehren für die Praxis

Die Entscheidung des BayObLG macht deutlich:

Im Bereich sexualisierter Straftaten gegen Kinder kann bereits das gezielte Einwirken durch Anfordern von Bildern als vollendeter Tatbestand gewertet werden.

Bei Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe (< 6 Monate) gelten hohe Anforderungen an die Begründung und Darlegung, insbesondere wenn zugleich eine positive Prognose bejaht wird.

Die Gerichte müssen in Strafzumessungen sorgfältig darlegen, welche Umstände die Ausnahme der Freiheitsstrafe rechtfertigen – nur knappe oder pauschale Formulierungen genügen nicht.