Corona lässt Hauptverhandlung platzen
Der Coronaverdacht bei einem Schöffen ließ am 16. Juni 2020 die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Berlin platzen. Verhandelt wird dort gegen einen Mandanten wegen angeblichen Kindesmissbrauchs. Die Medien berichteten.
Schöffe wegen Coronaverdacht hinter Plexiglasverschlag
Als am Morgen die Hauptverhandlung begann hatte das fünfköpige Gericht einen der Schöffen am Rande des Richtertischs hinter einem u-förmigen Plexiglasverschlag separiert. Erst auf Nachfrage der Verteidigung teilte der Vorsitzende mit, dass ein Kind des Schöffen zu einem anderen Kind im Kindergarten Kontakt zu einem anderen Kind gehabt habe, welches mit einer coronainfizierten Person Kontakt hatte. Deshalb gingen die Kinder derzeit nicht in die KiTa, bis das Testergebnis vorliege. Als der Vorsitzende dann zur Tagesordnung übergehen wollte, entschieden mein Kollege und ich, die sofortige Unterbrechung der Hauptverhandlung zu beantragen. Auch eine anwesende Medizinerin, die in dem Verfahren als Gutachterin fungiert, gab eine Stellungnahme ab. Danach könne das Virus von dem möglicherweise infizierten Schöffen im Gerichtssaal auf die übrigen Anwesenden übertragen werden.
Begründung des Antrags auf Unterbrechung der Hauptverhandlung
Der Unterbrechungsantrag wegen des Coronaverdachts stützte sich auf die gesundheitliche Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber dem Angeklagten, aber auch gegenüber den anwesenden Prozessbeteiligten. Letztlich wurde dem Antrag stattgegeben. Als der Vorsitzernde dann anordnete, es werde in zwei Tagen weiterverhandelt, führte das zu einer konsequenten Erklärung der Verteidiger. Es wurde deutlich gemacht, dass nur bei negativer Abklärung des Coronaverdachts die Bereitschaft bestehe, der Hauptverhandlung weiter beizuwohnen. Eine entsprechende Unterrichtung der Anwälte wurde vor Verhandlungsbeginn abverlangt. Auch wurde erklärt, dass die Anwälte nach Aufruf der Sache zur Fortsetzung der Hauptverhandlung den Gerichtssaal nur betreten, wenn sie zuvor transparent und nachvollziebar darüber unterrichtet wurden, dass kein Coronaverdacht mehr bestehe. Das kann auch nicht anders sein. Denn das Gericht hat zwar die Saalhoheit. Aber die prozessbeteiligten Strafverteidiger haben eigenbestimmt die Gesundheitshoheit für sich selbst.
Weitere Beiträge zu dem Prozess finden Sie hier. Auch das Problem „Corona“ wird an anderer Stelle juristisch behandelt. Zum Thema VVerdachtsfääle des Betrugs bei Corona-Soforthilfen finden Sie hier weitergehende Informationen.