Corona-Quarantäne, Fachanwälte für StrafrechtStaat kappt Verteidigerrechte wegen Corona-Pandemie

Ein Mandant wurde gestern in Untersuchungshaft genommen. Er befindet sich seit dem für zunächst 2 Wochen in „Corona-Quarantäne“. Das bedeutet, dass jeder Zugang seiner Verteidiger zu dem Mandanten abgeschnitten ist.  Der Strafprozess soll bereits nach Ostern beginnen. Besprechungen sind nicht mehr möglich. Eine Vorbereitung der Verteidigung, die Besprechung der Anklage, der Verfahrensakten und die Vorbereitung der Verfahrensstrategie ist damit objektiv nicht mehr möglich. Vorausgesetzt, dass bei unserem Mandanten keine Ansteckung vorliegt, ist nach Ablauf der Quarantäne der 15.04.2020, der nächstmögliche Termin, ihn für 1 Stunde besuchen zu können. So die Auskunft der JVA. Nur wenige Tage danach soll die Hauptverhandlung beginnen.

„Telefonkonferenz“ wegen „Corona-Quarantäne“

Alternativ wurde uns eine „Telefonkonferenz“ angeboten. Dazu ist es erforderlich, dass sich die Verteidiger in die JVA begeben und von dort über ein internes Telefon mit dem Mandanten verbunden werden. Allerdings steht für die gesamte JVA und alle Verteidiger nur ein einziges Telefon zur Verfügung. Daher ist die Zeit für die Anwälte auf 15 Minuten beschränkt worden.

Vereitelung der gesetzlich zugesicherten Verteidigungsrechte

Unter den Bedingungen der „Corona-Quarantäne“ wird dem Mandanten faktisch der in § 148 StPO gesetzlich vorgesehene und von in Art. 6 Abs. III lit. c EMRK garantierte Zugang zu seinen Verteidigern als Voraussetzung effektiver Verteidigung versperrt.

Nicht nur „Corona-Quarantäne“ beschneidet Rechte der Angeklagten

Allen Verteidigerinnen und Verteidigern ist der Zugang zu ihren in der Untersuchungshaftanstalt Moabit befindlichen Mandanten bereits seit dem 26.03.2020 wegen der Corona-Pandemie für unbestimmte Zeit in erheblichem Maße beschnitten worden. Auch andere Mandanten, die bereits längere Zeit in U-Haft sind und sich nicht in der „Corona-Quarantäne“ befinden, bleiben für Verteidiger fast unerreichbar. So ist es nicht mehr möglich, zeitnahe Sprechstundentermine zu erhalten. Wartezeiten von über einer Woche für Mandatsgespräche, die auf 1 Stunde beschränkt wurden, sind an der Tagesordnung.

Es bedarf keiner vertiefenden Erörterungen, dass unter diesen Bedingungen eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Verteidigungsrechte in Form der Vorbereitung der Hauptverhandlung und Abstimmung der Verteidigungsstrategie derzeit objektiv nicht möglich ist.

Strafverteidiger haben Rechte der Angeklagten durchzusetzen

Unter diesen Umständen ist bereits jetzt zu befürchten, dass Angeklagte während der anstehenden Hauptverhandlungstage keinen oder nur völlig unzureichenden Zugang zu ihren Verteidigern haben werden. Es wird die Aufgabe der Rechtsanwälte sein, mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln dafür zu sorgen, dass auch in Zeiten der Corona-Krise die Rechte der Angeklagten gewahrt werden. Weitere Rechtsfragen zu Corona werden auch hier behandelt.