OLG Düsseldorf stärkt das Beschleunigungsgebot in Haftsachen – Beschluss vom 03.07.2025 (III-2 Ws 306/25)

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 03. Juli 2025 (III-2 Ws 306/25) eine bedeutsame Entscheidung zur Beschleunigungspflicht in Haftsachen getroffen. Das Gericht stellte klar, dass das Beschleunigungsgebot in Haftsachen auch nach einem erstinstanzlichen Urteil uneingeschränkt gilt und eine erhebliche Verfahrensverzögerung zur Aufhebung der Untersuchungshaft führen kann.
Hintergrund des Falls
Der Angeklagte befand sich seit längerer Zeit in Untersuchungshaft und war bereits im August 2024 vom Landgericht Wuppertal zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 13 Jahren verurteilt worden. Das Urteil war jedoch nicht rechtskräftig, da die schriftlichen Urteilsgründe und das umfangreiche Hauptverhandlungsprotokoll erst Monate später fertiggestellt wurden. Das Protokoll umfasste 113 Seiten sowie 164 Seiten Anlagen und lag erst am 4. Juni 2025 vor – mehr als sechs Monate nach der Urteilsabsetzung.
Das OLG Düsseldorf sah hierin eine gravierende Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen. Eine solch lange Bearbeitungsdauer sei durch nichts gerechtfertigt, zumal keine außergewöhnlichen Umstände oder nachvollziehbaren sachlichen Gründe für die Verzögerung vorgelegen hätten. Auch eine hohe Arbeitsbelastung des Gerichts könne den Eingriff in das Freiheitsgrundrecht nicht rechtfertigen.
Rechtliche Würdigung
Das Gericht betonte, dass das Beschleunigungsgebot in Haftsachen aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgt. Es verpflichtet alle Verfahrensbeteiligten, insbesondere die Justiz, Verfahren gegen inhaftierte Beschuldigte mit besonderer Eile zu führen. Dieses Gebot besteht auch nach einem erstinstanzlichen Urteil fort, solange die Entscheidung nicht rechtskräftig ist.
Nach Auffassung des Senats war die Fortdauer der Untersuchungshaft nicht mehr verhältnismäßig. Die Verzögerung von über sechs Monaten bei der Protokollfertigstellung verletzte das Freiheitsgrundrecht des Angeklagten in unzumutbarer Weise. Der Haftfortdauerbeschluss wurde daher aufgehoben und der Angeklagte unverzüglich entlassen.
Bedeutung für die Praxis
Der Beschluss des OLG Düsseldorf unterstreicht eindrucksvoll, dass das Beschleunigungsgebot in Haftsachen in allen Phasen des Strafverfahrens beachtet werden muss – auch nach der erstinstanzlichen Verurteilung. Gerichte sind verpflichtet, Verfahrensverzögerungen aktiv zu vermeiden. Eine übermäßige Belastung der Justiz kann keine Entschuldigung für eine Verletzung des Beschleunigungsgebots sein. Damit stärkt die Entscheidung den Freiheitsanspruch von Untersuchungsgefangenen und konkretisiert die Anforderungen an eine zügige Verfahrensführung in Haftsachen.