Revision gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam
Rechtsanwalt Oliver Marson

Revision gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam

Inzwischen hat der Angeklagte Revision gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 30. April 2013 eingelegt.

In dem Indizienprozess wurde der zur Tatzeit im Sommer 2012 25-jährige Angeklagte für schuldig befunden, in den frühen Morgenstunden gegen 05.30 Uhr eine 78-jährige Frau mit Gewalt in ein Gebüsch nahe eines kleinen Landbahnhofs im Land Brandenburg gezerrt und dort vergewaltigt zu haben. Die Frau erlitt daraufhin einen Herzinfarkt und verstarb. Zum Motiv gibt es keine Erkenntnisse. Der Angeklagte räumte ein, nach einer Feier stark alkoholisiert auf dem Heimweg und am Bahnhof gewesen zu sein, stritt aber die Tatbegehung ab. Er gab an, dort eine Person gesehen zu haben, die weglief. Dass  eine weitere Personen außer dem Angeklagten und der Frau im Tatzeitraum am Tatort anwesend gewesen sein könnte und als Täter in Frage komme,  verneinte das Gericht.

Revision gegen das Urteil mit der Sachbeschwerde

Mit einer ausgeführten Sachbeschwerde wandte sich nun der Angeklagte an den Bundesgerichtshof (BGH). Es gibt keine Tatzeugen. Die 78-jährige Frau konnte gegenüber Polizeibeamten vor ihrem Ableben in einem äußerst verwirrten Zustand als Folge des Geschehens zwar Angaben zum Tatgeschehen machen, aber keine Täterbeschreibung abgeben. An der Bekleidung des Angeklagten befanden sich kurz nach seiner Festnahme in der Nähe des Tatorts  Blutanhaftungen der Frau und  ihre DNA-Spuren in seinem Intimbereich.

Mit der Revision wird insbesondere gerügt, dass keine geschlossen Indizienkette vorliegt. Auch wurden aus einzelnen Indizien Schlussfolgerungen gezogen, die objektiv nicht möglich sind. So wurde aus den DNA-Spuren der Frau an der Bekleidung und im Intimbereich des Angeklagten der Schluss gezogen, dass er auch der Täter ist. Das Urteil führt dazu sinngemäß (fast wörtlich) aus, dass die Überzeugung des Gericht von der Täterschaft des Angeklagten auf der DNA-Spurenlage „beruhe“.

Aus den festgestellten Spuren ist für sich allein genommen lediglich der Schluss auf einen körperlichen Kontakt möglich. Rechtsirrig zog das Landgericht aus der Spurenlage den Schluss auf die Täterschaft des Angeklgten. Das ist auch deshalb lückenhaft, weil auf eine gerichtsbiologische Begutachtung des Leichnams der Frau zur Frage, ob sich insbesondere in ihrem Intimbereich DNA Spuren des Angeklagten auffinden ließen, aus unbekannten und nicht nachvollziehbaren Gründen verzichtet wurde.

Am Körper des Angeklagten (unter den Fingernägeln) und an der Bekleidung der Frau fanden sich identische DNA-Spuren einer unbekannten dritten Person. Dass diese Spurenübertragung am Tatort von der unbekannten Person erfolgte schloss das Gericht mit der Begründung aus, das DNA-Spuren an jedem Ort durch Kontaktaufnahme leicht übertragbar seien. Mit dieser Begründung setzt sich das Gericht allerdings in offensichtlichen Widerspruch zu seiner Feststellung, wonach sich der Angeklagte und die Frau am Tattag erstmalig begegnet seien. Dann aber kann die DNA-Übertragung der unbekannten Person auch nur am Tatort erfolgt sein. Das Urteil ist insoweit lückenhaft, als ihm Ausführungen fehlen, wonach die unbekannte dritte Person im Vorfeld der Tat mit dem Angeklagten und der Frau  oder mit einem von beiden zusammenkam und es in Folge dessen zur Übertragung von DNA-Material  auf beide oder einen gekommen sein könnte. Dem Urteil ermangelt es auch an Darlegungen, ob die fremden DNA-Spuren entweder auf den Angeklagten oder die Frau an einem anderen als dem Tatort auf einen von beiden übertragen wurde und eine Übertragung dann erst am Tatort auf einen der beiden erfolgt sein könnte. Die unzureichenden Urteilsausführungen lassen so alle Alternativen offen, weshalb  im Ergebnis auch die Täterschaft einer anderen, unbekannten Person nicht auszuschließen ist.

Revision gegen das Urteil rügt fehlende Indizienkette

Mit der Revision gegen das Urteil wird die fehlende, in sich geschlossene Indizienkette gerügt. Insbesondere leidet das Urteil an einer Indizienkette für die Täterschaft des Angeklagten Not. Nach § 267 Abs. 1 Satz 2 StPO müssen im Falle einer solchen Indizienkette die Indiztatsachen in den Urteilsgründen so dargelegt werden, dass das Revisionsgericht überprüfen kann, ob das Tatgericht zu Recht angenommen hat, die von ihm aus den Indiztatsachen gezogenen Schlüsse seien zwingend. Voraussetzung für eine Beweiswürdigung im Rahmen einer Indizienkette ist, dass sämtliche Kettenglieder in einem logischen „wenn-dann-Verhätnis“ stehen.

Daran krankt das Urteil nach Überzeugung der Revision. Die Täterschaft des Angeklagten steht nicht fest. Ob die Revision gegen das Urteil Erfolg haben kann, bleibt – wie immer – abzuwarten und ist im Vorfeld  nicht einzuschätzen.