
Erstattung der Reisekosten in Strafverfahren
Beschuldigte in Ermittlungsverfahren und Angeklagte in einem gerichtlichen Strafverfahren können einen Anspruch auf Erstattung der Reisekosten haben. Voraussetzung ist, dass sie als mittellos gelten und die Kosten für die Anreise zum Ort einer Vernehmung oder zum Gericht, an dem die Hauptverhandlung stattfindet, nicht aufbringen können. Das gilt auch für die Rückreise. Rechtsgrundlage dafür ist die Verwaltungsvorschrift über die Gewährung von Reiseentschädigungen (VwV Reiseentschädigung) .
Reisekosten für mittellose Beschuldigte und Angeklagte
Danach gilt als mittellos, wer nicht in der Lage ist, die erforderlichen Kosten für die Reise aus eigenen Mitteln zu bestreiten.
Antrag auf Bewilligung von Reisekosten
Der Beschuldigte oder Angeklagte hat einen entsprechenden Antrag auf Zahlung der Reisekosten zu stellen. Je nachdem, ob es sich um eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung oder Vernehmung oder um ein gerichtliches Verfahren handelt, ist entweder die Staatsanwaltschaft oder das Gericht für die Entscheidung über die Bewilligung der Reisekosten zuständig.
Reisekosten für Hinreise und Rückreise mit Bahn und öffentlichen Verkehrsmitteln
Die Reisekosten müssen so bemessen sein, dass sie die Kosten sowohl für die Hinreise als auch für die Rückreise decken. Es werden Fahrkarten der 2. Klasse der Bahn oder anderer öffentlicher Verkehrsmittel gewährt.
Tagegelder und Übernachtungskosten als Reisekosten
Ist eine Übernachtung auf Grund der großen Entfernung erforderlich, werden auch die Übernachtungskosten und Tagegelder zur angemessenen Unterbringung und Versorgung übernommen.
Bekanntheitsgrad der Verwaltungsvorschrift hält sich in Grenzen
Das Landgericht Berlin bewilligte mit dem hier einzusehendeen Beschluss vor wenigen Tage einem wegen versuchten Totschlags angeklagten Mandanten die beantragte Reisekostenentschädigung für die Teilnahme an der Hauptverhandlung. Dies bezog sich sowohl auf die Bahnfahrt von Köln nach Berlin und zurück als auch auf die Übernachtungskosten in Berlin. Vielen Richtern und Staatsanwälten ist diese Verwaltungsvorschrift aber nicht geläufig. Und die Beschuldigten und Angeklagten wissen darum meistens nichts. Deshalb wird hier auf diese Möglichkeit hingewiesen. Denn sie kann ein unentschuldigtes Fernbleiben des Angeklagten von der Hauptverhandlung und damit den Erlass eines Haftbefehls verhindern.
2 Kommentare
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Die Verwaltungsvorschrift ist allerdings nicht die Rechtsgrundlage, denn es ist nur eine Verwaltungsvorschrift. Rechtsgrundlage sind die Grund- und Menschenrechte zB. auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren.
Als Angeklagter kann man sich aber aufgrund der Gleichbehandlung auf die Verwaltungsvorschrift berufen.
Bei der Ablehnung von Reisekosten kann sich das Gericht allerdings nicht auf die Verwaltungsvorschrift berufen, sondern dort muss dann die Verweigerung am Massstab der Grundrechte begründet werden.
So geht es also nicht (Auch bis zum heutigen Tage erfolgte keine Erstattung aber auch keine Bearbeitung der sofortigen Beschwerde und das auch nicht nach 2 Dienstaufsichtsbeschwerden und einer Untätigkeitsbeschwerde wegen grundloser Nichtbearbeitung):
Verweigerung von Reisekostenerstattung für Mittellose von Rechtspflegerin Peuke AG-Coburg und Präsident Dr. Friedrich Krauss LG-Coburg, 26.05.2014/07.08.2014
http://blog.justizfreund.de/?p=5595
Danke für den weiterführenden Kommentar. Ungeachtet dessen: die Richter haben in bestimmten Fällen ein „Eigeninteresse“, die Anordnung zur Bezahlung der Reisekosten schon vor Durchführung der Hauptverhandlung vorzunehmen. In meinen Fällen ging es also nicht um nachträgliche Erstattung, sondern um Vorausbezahlung, um die Anreise/Übernachtung zum Termin zu ermöglichen. Ziel: Durchführbarkeit der Hauptverhandlung.