1. Presseerklärung vom 02.04.2013: Anwalt zum Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern am LG Oldenburg

Wie den Medien bekannt ist, werden meinem Mandanten sexuelle Handlungen an Personen unter 14 Jahren vorgeworfen. Ich gebe  als Anwalt zum Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern  am Landgericht Oldenburg die nachfolgende Erklärung ab:

Die Missbrauchshandlungen sollen sich im Zeitraum von 2011 bis März 2012 ereignet haben. Mein Mandant ist geständig. Zum Prozessauftakt legt er heute ein von der Strafverteidigung verlesenes, umfassendes Geständnis ab. Er geht darin auch auf die Ursachen und Hintergründe des Kindesmissbrauchs ein, bei dem seine pädophile Neigung eine zentrale Rolle spielt.

Im Mittelpunkt der Strafverteidigung steht damit nicht die Frage nach der Schuld, sondern vielmehr nach einer gerechten und angemessenen Bestrafung.

Gerade Fälle wie diese belegen exemplarisch, dass die Justiz aus objektiven Gründen nur sehr bedingt in der Lage ist, mit (abschreckenden) Urteilen präventiv zukünftigem Kindesmissbrauch entgegen wirken zu können. Fälle wie diese belegen aber auch, dass bei bestimmten Konstellationen ohne Mitwirkung der Strafjustiz Ressourcen bestehen, um einen effektiveren Schutz für Kinder zu erreichen. Das ist dann möglich, wenn Menschen mit pädophiler Neigung vor Begehung der Straftaten verstärkt und flächendeckend die medizinisch mögliche Hilfe erfahren können.

Voraussetzung dafür ist ein Umdenken und Handeln in der Gesellschaft, das ein Umdenken und vorbeugendes Handeln potentieller Straftäter besser als bisher unterstützt und ermöglicht.

Das Phänomen der Pädophilie als Ursache des sexuellen Missbrauchs von Kindern

Mein Mandant leidet an Pädophilie. Sie ist naturgegeben und nicht heilbar. Sie ist in verschiedenen Ausprägungen möglich. Die einseitige Pädophilie bedeutet, dass das Sexualinteresse der Betroffenen ausschließlich Kindern gilt. In anderen Fällen existieren “Mischformen” der Sexualausprägung, die gleichzeitig heterosexuelle oder homosexuelle Kontakte ermöglichen. Die Erörterung dieser Fragestellungen wird auch Gegenstand des anstehenden Strafprozesses sein. Nicht zuletzt werden auch Fragen erörtert, die sich aus dem seelischen Leid der von Pädophilie Betroffenen ergeben können. Und es wird behandelt, welche Auswirkungen das auf die Begehung solcher Straftaten haben kann.

Dass sich ein für Aussenstehende schwer nachvollziehbarer, unermesslicher Leidensdruck aufbauen kann, hat ein am Landgericht Berlin verhandelter Fall 2012 unter Beweis gestellt. Der Mandant, der sich seiner pädophilen Neigungen schämte und seine Handlungen bereute, unternahm in der JVA Berlin Moabit mehrere Selbstmordversuche. Er trennte sich dabei einen Hoden zur Selbstbestrafung ab.

Man stelle sich vor, eine Frau (ein Mann) begehrt einen Mann (eine Frau) und ihr (ihm) wäre es untersagt, das naturgegebene Verlangen auszuleben. Welcher Leidensdruck sich daraus ergibt, ist für jeden nachvollziehbar. Nichts anderes gilt für einen Mann mit pädophiler Neigung.

Pädophilie kann vor Strafe nicht schützen

Bei solchen Konstellationen gibt es oft zwei Opfer: das zum Opfer gewordene Kind und der zum Opfer gewordene Täter.

Das ändert nichts daran, dass sexuelle Missbrauchshandlungen im Interesse des Kindesschutzes bestraft werden müssen.

Gerade im Hinblick auf die Ursachen und Hintergründe der Straftaten meines zum Opfer seiner Neigung gewordenen Mandanten einerseits und des berechtigten Schutzes der durch ihn zu Opfern gewordenen Kinder andererseits stehen alle Prozessbeteiligten vor einer schwierigen Aufgabe bei der Findung einer schuldangemessenen Strafe.

Ulrich Dost
Rechtsanwalt

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