Rechtsanwalt, Strafrecht, Chrystal Meth: Revision der Staatsanwaltschaft scheitert vor BGH
Rechtsanwalt Oliver Marson

Chrystal Meth: Revision der Staatsanwaltschaft scheitert vor BGH

In einem Strafverfahren  wegen des Handels mit 4,5 kg Chrystal Meth und mit Ecstasy sprach das Berliner Landgericht am 09.12.2015 sein Urteil gegen zwei Mandanten: 5 Jahre  und 3 Monate Freiheitsstrafe (§ 29a BtMG). Der Verfall wurde in Höhe von 14.800 €, der erweiterte Verfall in Höhe von ca. 450.000 € angeordnet. Damit schloss sich das Gericht weitestgehend den Anträgen der Strafverteidiger an und blieb weit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die 8 Jahre Freiheitsstrafe gefordert hatte. Die Verteidigungsstrategie der Mandanten trug ganz wesentlich zu dem maßvollen Urteil bei. Darüber berichtete ich bereits hier.

Revision der Staatsanwaltschaft wegen Lücken bei Strafzumessung

Die Berliner Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil Revision ein und beschränkte das Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch (Strafzumessung). Der Generalstaatsanwalt beantragte mündliche Verhandlung. Die fand nun am 14. September 2016 vor dem 5. Strafsenat des BGH in Leipzig statt. Dort trug der Oberstaatsanwalt die aus seiner Sicht bestehenden Lücken, die das Urteil zu Gunsten der Angeklagten nach seiner Ansicht aufweise, mündlich vor. So wurde gerügt, dass dem Geständnis der Angeklagten zum Handel mit Chrystal Meth ein zu hoher Stellenwert (strafmildernd) eingeräumt worden sei, weil die „Beweisdichte“ ohnehin zum Schuldspruch geführt hätte. Auch habe es eine Überbewertung hinsichtlich der Offenbarungen gegeben, in welchem Umfang Gewinne aus den Drogengeschäften erzielt wurden und auf welchen Konten die Gelder im Ausland deponiert wurden. Denn auch das sei im Vorfeld ermittelt worden. Gerügt wurde daneben, dass das Landgericht Berlin die Art und Weise des Handels mit Chrystal Meth  (Vorratshaltung in der eigenen Wohnung und Verkauf in der Wohnung bzw. über den Postweg) nicht in die Strafzumessung einbezogen habe. Auch So habe das Landgericht die Gefährlichkeit von Chrystal Meth nicht erkannt. Es sei lediglich von einer „gefährlichen“ statt von einer „sehr gefährlichen“ Droge ausgegangen.

Strafverteidiger widersprachen Rechtsargumentation

Wir Verteidiger widersprachen in unseren mündlichen Vorträgen vor dem BGH der Rechtsauffassung des Generalstaatsanwalts. So ist ein von Reue und Einsicht getragenes Geständnis auch dann strafmildernd zu berücksichtigen, wenn die Beweislage auch ohne ihm einen Schuldspruch zur Folge haben könnte. Jedenfalls gibt es keinen Zusammenhang zwischen einer hohen „Beweisdichte“, die die strafmildernde Wirkung des Geständnisses schmälern würde. Der sachlich falsche Vortrag, es seien alle Konten und Drogengelder in siebenstelliger Höhe ohne Zutun der Angeklagten ermittelt worden, wurde widersprochen. Tatsächlich hatten sie dem Gericht ein der Staatsanwaltschaft nicht bekanntes Auslandskonto mit erheblichen Drogengeldern im sechsstelligen Bereich preisgegeben. Auch die Art und Weise des Handeltreibens wies nichts auf, was besonders war oder auf gesteigerte hohe kriminelle Energie schließen ließ. Im Gegenteil: der Handel über die eigene Wohnung war einfach strukturiert. Die Küfer kamen, zahlten und erhielten die Ware. Dass dafür natürlich Vorräte vorhanden sein mussten liegt auf der Hand und unterscheidet sich auch nicht vom legalen Handel. Und letzlich war es eine Wortspielerei („gefährlich“ statt „sehr gefährlich“), mit der die Staatsanwaltschaft versuchte, eine Lücke im Urteil ausfindig zu machen.

Urteil des BGH im Chrystal Meth – Fall

Der BGH verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft mit Urteil vom 14. September 2016. Es seien dem Landgericht keine Fehler bei der Strafzumessung unterlaufen. Auch weiche die Freiheitsstrafe nicht unerträglich von vergleichbaren Fällen ab. Im Übrigen schloss sich der BGH ausdrücklich der Rechtsauffassung der Strafverteidiger an.