Die Aufhebung des Kachelmann-Freispruchs durch die Neue Mediale Justiz (Beitrag vom 08. August 2011)

Als der Kachelmann-Schauprozess seinen Anfang nahm

Im Oktober 2010 schrieb ich kurz nach Beginn und lange vor Ende des Kachelmann-Prozesses in einem Beitrag

“Bevor die Medien die Öffentlichkeit wach küssten und den Wetterfrosch J. Kachelmann als Liebesprinz zahlreicher Frauen enttarnten, ihn in erster und letzter Instanz der Vergewaltigung einer Prinzessin schuldig sprachen, gab es für die Urteilsfindung Gerichte. Ganz unten standen die Amtsgerichte, dann kamen die Landgerichte. Und über ihnen thronten die Oberlandesgerichte und der BGH, die die Urteilsergebnisse ihrer Kolleginnen und Kollegen aus den niederen Instanzen kritisch unter die Lupe nahmen und ihnen gelegentlich um die Ohren hauten. Damit ist nun endlich Schluss. Wir haben eine Neue, Mediale Justizordnung.”

Und ich sah Alice Schwarzer als Oberste Richterin dieser Neuen Medialen Justiz.

“Alice Schwarzer ist in der Robe einer Bildente auf der medialen Gerichtsbühne erschienen. Auch wenn sie es so nicht ausspricht, der Eindruck vom unerschütterlichen Willen zur Schuldsprechung in einziger und höchster Instanz einer selbsternannten, Neuen Medialen Deutschen Justiz drängt sich auf. Glamourös schon jetzt der revolutionäre Mediensieg über die alte Gerichtsordnung.”

Als das Kachelmann-Freispruchsurteil gesprochen war

Da machte ich so manche Abrissbirne aus, die den Strafprozess zum Schauprozess verkommen ließ. Etwa Alice Schwarzer, die sich unmittelbar nach dem taufrischen Freispruch entblödete, die Nebenklägerin auch weiterhin als “Opfer” und “Geschädigte” zu bezeichnen, als ob es den Freispruch nicht gegeben habe.

Wie die Neue Mediale Justiz das Kachelmann-Freispruchsurteil aufhob

Eine neue Abrissbirne ist seit dem hinzugetreten. Es ist das Urteil der Neuen Medialen Justiz, das scheinbar harmlos und ohne die staatstragende Überschrift “Im Namen des Volkes” als Zeitunsbeitrag getarnt erschienen ist. Das aufhebende Urteil erschien unter der Überschrift “Noch einmal Opfer” dieser Tage bei der FAZ und hob den Kachelmann-Freispruch auf, in dem dort die Nebenklägerin als “Opfer” und “Geschädigte bezeichnet und dazu ausgeführt wurde:

Freispruch. Dieses Wort klingt vielen Verletzten schwerer Gewaltverbrechen und Sexualstraftaten wie Hohn in den Ohren. Sie wurden zu Opfern gemacht, die – an Leib, Seele und Ehre verletzt – um den Weg in ein normales Leben kämpfen und manchmal auch resignieren.

Wenn der Bezug zur Nebenklägerin im Kachelmann-Prozess dem Medienurteil nicht mehr zu entnehmen ist, dann nur deshalb, weil er wegen eines gerichtlich erwirkten Verbots aus dem Medienurteil zu entfernen war. Ein Zeitungsbeitrag als Urteil, das Urteil als Abrissbirne eines freisprechenden Urteils

Staatsanwältin Dagmar Freudenberg als Schöpfer der neuen Abrissbirne

Das Medienurteil stammt von der genannten Staatsanwältin, sie schwingt hier die Abrissbirne.

Bei Alice ist es noch verzeihbar, als in Rechtssachen inkompetente Persönlichkeit weiter vom Opfer zu sprechen, obwohl es keine Straftat und deshalb einen Freispruch gab. Sie versteht eben schon schlichtes nicht. Aber bei einer Staatsanwältin?

Bei Kleist heißt es an einer Schlüsselstelle:”…sein Rechtsempfinden gleiche einer Goldwaage…”. Das hat Frau Staatsanwältin sicher nicht.

In Anlehnung daran meine ich: hier reicht die Sehkraft eines Blinden, das unrechte Tun der Staatsanwältin zu sehen.

Und bei allem Spott und Sarkasmus: irgendwie macht mir diese Neue Mediale Justiz Angst.

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